„Inakzeptabel auseinandergefallen“ Düsseldorfer EG am Tiefpunkt
Düsseldorf · DEG-Verteidiger Alec McCrea zieht nach der Pleite gegen München eine alarmierende Zwischenbilanz. Der Überblick.
Ich habe den Tiefpunkt erreicht und beginne zu graben. Frei nach dem Satz aus einem italienischen Roman hat die Düsseldorfer EG dem 1:6 bei den Augsburger Panthern noch einen drauf gesetzt. Am Sonntag hieß es im Rather Dome vor 7869 Zuschauern gegen den EHC München 0:8 (0:3/0:3/0:2). Schon zur ersten Pause hagelte es Pfiffe von den Rängen, später wurden die Münchener Treffer mit Jubel bedacht. „Wir haben die Schnauze voll“ wurde ebenso gebrüllt wie „Außer Hauke könnt ihr alle gehen“. Der Torhüter tat dies dann auch. Nach dem 0:5 zertrümmerte Henrik Haukeland seinen Schläger, fuhr schnurstracks in die Kabine und kam erst zum dritten Drittel wieder auf die Bank zurück. Dort jedoch würdigte er niemanden auch nur eines Blickes.
„Ich kann ihn absolut verstehen. Als Führungsspieler mit einem langen Vertrag lastet viel Druck auf Hauke. Er hat Vertrauen in den Verein gehabt und wird gerade massiv enttäuscht“, sagte Verteidiger Alec McCrea. Während sich Chef-Trainer Steven Reinprecht über Haukelands Ausraster nicht äußern wollte, will Sportdirektor Niki Mondt seine Nummer eins intern zur Rede stellen. Kann er angesichts der an einen Skandal grenzenden Aktion eines Angestellten natürlich machen, bietet allerdings den anderen Spielern ein prima Versteck für ihre dargebotenen Unzulänglichkeiten. „Die Mannschaft hat den Plan nicht befolgt, von der ersten Minute an hat sie jedwede Absicherung preisgegeben und in der Verteidigungszone nicht eng agiert. Das Ergebnis war, was passiert ist. Es war für Verein und Fans ein erniedrigender Abend“, sagte Reinprecht.
Und für den Trainer sein letzter in Diensten der DEG? „Nein, Steven bleibt Teil der Lösung“, erklärte Mondt und auch McCrea meinte: „Herr Reinprecht reißt sich jeden Tag den Hintern auf. Er hat Pläne, Ideen und stellt uns auf die Gegner ein.“ Herausgekommen sind nach 26 Spielen 20 Niederlagen, die mit 102 Gegentoren löchrigste Abwehr sowie der mit 55 Treffern harmloseste Angriff der Liga. „Das ist alles andere, als was wir uns vorgestellt und vorgenommen haben. Besonders an diesem Wochenende sind wir inakzeptabel auseinandergefallen. München hat uns wie im Training hergespielt, das 0:8 durch die Beine hatte Züge von Verhöhnen“, sagte Mondt. Mitleidig verzichtete der EHC München auf ein zweistelliges Resultat. Es wäre ohne jede Anstrengung möglich gewesen, schließlich trafen die Gäste bei ihren Angriffen auf keinerlei Gegenwehr.
Emotionales Statement:
McCrea fordert Zusammenhalt
Anders als am Freitag analysierte mit Verteidiger McCrea ein Spieler gegenüber den Medien die Situation. Freiwillig sowie in einem Umfang von satten sieben Minuten und 39 Sekunden. Sein Zwischenfazit ist alarmierend. „Es fühlt sich an, als wenn wir kein Team sind. Ich stelle den Charakter nicht grundsätzlich infrage, aber Teams zeigen sich in kritischen Phasen wie heute oder dem zweiten Drittel in Augsburg nach vier Gegentoren in 331 Sekunden. Dann rücken Teams zusammen und finden einen Weg heraus. Wir aber suchen Ausreden wie Verletzte, nur drei Reihen oder lange Auswärtsfahrten. Ich glaube nach wie vor an unsere Gruppe, es darf jetzt aber keine Entschuldigungen wie Krankheit oder Müdigkeit mehr geben. Jeder muss für jeden da sein – bei jedem Training, bei jedem Spiel, bei jedem Wechsel. Wir müssen Wege finden, zu punkten.“
Erleichtern könnte dieses Vorhaben, wenn die Spieler den Puck ins Tor schießen würden. Darin aber liegt seit geraumer Zeit ein unübersehbares Manko. Zwar kombinieren sich die Düsseldorfer vor des Gegners Kasten, nur treffen tun sie ihn nicht. Lediglich in einer der vergangenen acht Partien konnte die DEG mehr als einen Treffer erzielen, damit lässt sich im Eishockey so gut wie nie ein Spiel gewinnen. Vorne harmlos, hinten anfällig. Eine toxische Mischung.
Wird also personell nochmal nachgelegt? TV-Kommentator Jan Lüdecke erklärte am Freitag während des 1:6 in Augsburg, dass sich die DEG dazu entschieden habe, noch zwei bis drei weitere Spieler zu holen und dabei für einen Top-Angreifer auch die verbliebene Ausländerlizenz opfern zu wollen. Dann müsste es im Falle einer Verletzung von Haukeland im Tor Nikita Quapp richten. Sportlich wie finanziell würde die DEG damit „All-in“ gehen. „Ich habe keine Ahnung, wo der Reporter diese hohe Zahl her hat“, sagte Mondt und führte aus: „Natürlich schaue ich, ob wir noch einen weiteren Stürmer holen können. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist das schwer. Arbeitslose helfen uns nicht großartig weiter und in anderen Vereinen Unzufriedene werden von diesen nicht freigegeben.“ Doch selbst wenn: Wer würde sich ein Ticket für die „Titanic“ kaufen?