Großes Kreutzer-Interview Teil I Kreutzer: „Wir müssen realistisch bleiben“
DEG-Trainer Christof Kreutzer hat Respekt vor der großen Erwartungshaltung, die Umfeld und Fans haben könnten.
Düsseldorf. Im ersten Teil unseres großen Interviews mit Christof Kreutzer zieht der erfolgreiche Trainer der Düsseldorfer EG Bilanz eines ereignisreichen Jahres.
Herr Kreutzer, haben Sie Angst vor der gestiegenen Erwartungshaltung?
Christof Kreutzer: (lacht) Wir sind im Eishockey. Angst gibt es nicht.
Ok, haben Sie Respekt vor der Erwartungshaltung?
Kreutzer: Respekt schon. Der normale Gedankengang ist natürlich: Wir waren im Halbfinale, jetzt tauschen wir ein paar Spieler aus, dann muss man sich ja verbessern. Dann muss man davon ausgehen, dass das Halbfinale jetzt das Minimum ist. Aber das ist komplett falsch. Wir müssen im Sommer transportieren: Bleibt bitte realistisch. Wir wollen die DEG da hinbekommen, dass wir in die Play-offs kommen. Egal in welcher Form. Und dann ist alles möglich. Wir werden eine gute Mannschaft haben, die etwas leisten kann. Aber trotzdem kann es immer mal holprig sein.
Zumal im August erst mal die Champions League ansteht ...
Kreutzer: Wir haben dadurch eine neue Aufgabe. Wir sehen das als eigenen Wettbewerb und nicht als Vorbereitung. Es ist super, dass wir das haben und gegen Topvereine spielen. Die Mannschaft findet sich dadurch schneller. Vorheriges Jahr hätte mich das gefreut, solche Gegner zu haben. Wir haben händeringend nach guten Gegnern gesucht. Aber es wollte keiner gegen uns spielen. Wir kamen als zweimaliger Letzter und wurden direkt wieder als Letzter gehandelt. Da will keiner gegen dich spielen. Wir hatten nur Ambri, Zug und Iserlohn als gute Gegner.
Was machen Sie vor der Champions League?
Kreutzer: Wir werden wieder in der Schweiz trainieren. Das war gut und wichtig. Wir spielen dort fast nur gegen Erstligisten und vielleicht noch ein russisches Team.
Welche weitere Faktoren waren ausschlaggebend für den Erfolg?
Kreutzer: Da passierte vieles schon vor der Saison. Erstmal haben uns die Gesellschafter die Freiheit gelassen, den Kader so zusammenzustellen, wie wir es wollten. Also natürlich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Ich kann nicht sagen, ich will Sidney Crosby haben, damit wir Deutscher Meister werden. Dann kam hinzu, dass wir vor Heimspielen immer im Dome trainieren konnten. Es ist sehr wichtig, ein Gefühl für das Eis, die Banden und die Halle zu bekommen. Und das Dritte war, dass wir reagieren konnten, wenn wir Ausfälle hatten, wie bei Tim Conboy und Bobby Goepfert.
Das heißt, Sie konnten sehr eigenständig arbeiten?
Kreutzer: Generell stand der Sport immer im Vordergrund. Ich war in den letzten Jahren zwar nicht so eng dran, aber mir kam es in der Metro-Zeit immer so vor, als sei das nicht so gewesen. Du musst ein positives Gefühl haben, dass alle dasselbe wollen. Das ist mir immer sehr wichtig. Auch wenn ich mal kritisiere oder Einzelgespräche führe. Ich will da immer mit etwas Positivem raus gehen. Das haben wir auch in der oberen Etage immer versucht zu vermitteln.
Was waren die Schlüsselmomente im Laufe der Saison?
Kreutzer: Das Schlüsselerlebnis war gleich das erste Spiel. Das 0:7 hat uns komplett runtergeholt. Wir haben uns die Frage gestellt: Wo stehen wir eigentlich im Moment? Auf der einen Seite saßen die Jungs, die schon davor bei uns waren, die gewohnt waren zu verlieren und die sich dachten: Naja, dann haben wir halt wieder verloren. Und dann waren da die anderen, die beispielsweise von einer Meister- oder Vizemeistermannschaft kamen und sich dachten: Ach ja, das machen wir schon, wir sind ja Gewinner. Zum Glück hat die Mannschaft dann schnell gelernt, dass es so nicht geht. Alle haben sofort gemerkt, dass wir arbeiten müssen. Und das haben wir schnell gemacht. Schon samstags haben wir viel miteinander gesprochen, und am Ende hat jeder gesagt: So offen können wir nicht mehr spielen. Wir müssen da was tun. Am Sonntag haben wir es dann sofort umgesetzt und 4:1 gegen Hamburg gewonnen. Das war auch wieder wichtig, weil wir dann die Bestätigung hatten, dass wir diesen Weg weitergehen müssen.
Sie haben sich also über das 0:7 gefreut?
Kreutzer: Das nicht. Aber besser so, als wenn du 1:2 verlierst, einfach so weitermachst, weil du es nicht kapierst und immer weiter 1:2 verlierst. Deswegen war diese hohe Niederlage schon wichtig. Die Trainingswoche danach war super und sehr konzentriert.
Dasselbe gab es dann noch mal in Iserlohn. 0:8 beim ersten Spiel nach dem Winter Game.
Kreutzer: Ja, das war ähnlich. Nur wenn man aus hohen Niederlagen lernt, wird man erfolgreich sein. Und das haben wir gemacht. Das hat uns alles zusammengeschweißt. Natürlich das Winter Game. Aber auch Niederlagen. Das bittere 4:5 zu Hause gegen Krefeld zum Beispiel. Direkt danach haben wir in Wolfsburg 2:1 gewonnen und haben gegen einen guten Gegner, wo wir vorher 0:7 verloren hatten, eine Superleistung gezeigt. Das war ein wahnsinnig gutes Gefühl.