Machtkampf um DEB-Spitze steht bevor
Hannover (dpa) - Nach der verkorksten Weltmeisterschaft in Minsk steuert der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) auf einen Sommer-Machtkampf zu.
Ob die nach dem schlechtesten WM-Ergebnis seit 2009 von den Proficlubs dringend angemahnten Reformen durchgesetzt werden, hängt vor allem von der zukünftigen Besetzung des Verbandspräsidenten ab. Die Vereine machen sich für eine Kandidatur des DEB-Generalsekretärs Franz Reindl stark. Erklärt sich der frühere Nationalspieler dazu bereit, käme es am 17. Juli zur Kampfabstimmung gegen den umstrittenen Amtsinhaber Uwe Harnos, der mit Hilfe der wichtigsten Landesverbände wieder gekürt werden will.
Die Frage gilt als offen. In der kommenden Woche werden Statements der Kontrahenten erwartet. Dafür werden die Rufe der DEL-Clubs nach Reindl lauter. „Er hat in den ganzen Jahren in Eishockey-Deutschland viel bewegt. Er gehört in eine Führungsposition“, forderte etwa Krefelds sportlicher Berater Rüdiger Noack in den letzten WM-Tagen.
Die Ankündigung Harnos' nur vier Tage vor WM-Beginn, erneut als DEB-Präsident zu kandidieren zusammen mit Reindls verkündeten Ausstieg auch als Generalsekretär aus der Verbandsspitze hatte in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) für einen Aufschrei gesorgt.
Der frühere Nationalspieler Reindl, Olympia-Bronzemedaillengewinner von 1976, gilt an der DEB-Spitze als der Letzte mit sportlichem Know-how. Nach Platz 14 und fünf Niederlagen in Serie bei der WM in Minsk will die DEL ein „Weiter so“ verhindern und noch einmal versuchen, Reindl von einer Kandidatur zu überzeugen. Nach seiner Rückkehr aus Weißrussland grübelt der 59-Jährige noch.
Dass er einiges anders machen würde, deutete Reindl in der vergangenen Woche an. „Das werden die Aufgaben für die Zukunft des deutschen Eishockey sein“, sagte er in der „Eishockey News“ auf die Frage, was passieren muss, damit das DEB-Team nicht nur um den Klassenverbleib kämpfen muss. Vor allem die Doppelfunktion von Pat Cortina als Bundestrainer und Sportdirektor wird kritisiert.
In beiden Ämtern hat Cortina nur noch einen Vertrag bis 2015, soll als Sportdirektor aber ein Team mit Perspektive für die Heim-WM 2017 und Olympia 2018 aufbauen. Nach dem Abrutschen auf Platz 13 der Weltrangliste ist Deutschland von der direkten Olympia-Qualifikation aber weit entfernt. Schon im vergangenen Jahr hatte Cortina die peinliche Nicht-Qualifikation für Olympia in Sotschi zu verantworten.
Ein Umdenken bei Harnos, der bereits 2011 den international bestens vernetzten Reindl als Sportdirektor entmachtet hatte, ist aber nicht in Sicht. „Der Pat hat unser Vertrauen“, sagte Harnos in seinem WM-Fazit: „Die Mannschaft hat sicherlich Potenzial.“
Das Problem für Reindl ist: Die DEL-Clubs sind am 17. Juli nicht stimmberechtigt. Der DEB-Vorstand wird zu je 50 Prozent von den Landesverbänden und von den Clubs der DEB-Ligen gewählt. Auch bei den unterklassigen Clubs gibt es viele Harnos-Kritiker. Bei den Verbänden sieht dies freilich anders aus. Vor allem der größte und mächtigste Verband aus Bayern steht hinter Harnos. Während der Jurist aus Kaufbeuren weiter nichts zur Kritik an ihm sagen will, machte der Chef des bayerischen Verbandes schon einmal Wahlkampf für Harnos.
Dieser habe sein „vollstes Vertrauen“, ließ Dieter Hillebrand in einer in der Form ungewöhnlichen Erklärung verlauten. In der Sache verdeutlichte Hillebrand, der sich als „Sprecher der Landesverbände“ positionierte, zudem: Alternative Kandidaten „werden unsere Stimmen nicht bekommen“. Ob alle Verbände dies so sehen, ist unklar.
„Ich sehe sehr, sehr viel sehr kritisch. Ich würde vieles anders machen“, sagte der Chef des bei der Wahl nach dem bayerischen stimmgewichtigsten Verbandes aus Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Sorge. Allerdings ließ auch er durchblicken: „Im Moment würde ich mir um Harnos keine Sorgen haben. Es gibt ja nur ihn als Kandidaten und mit Reindl rechne ich nicht.“ Dies soll sich in dieser Woche entscheiden.