„Schweizer Walze“ bei WM nicht zu bremsen
Stockholm/Helsinki (dpa) - Die Schweiz verzückt die Eishockey-Welt und weiß nicht so recht, wie ihr geschieht. Mit famosen Siegen gegen Schweden, Kanada und Tschechien haben sich die „Eisgenossen“ bei der WM in Stockholm ins internationale Rampenlicht katapultiert.
„Eine Überraschung haben wir uns zugetraut, zwei vielleicht, aber drei sind sensationell“, fand Coach Sean Simpson nach dem 5:2 gegen Tschechien - durch das seine Kufencracks Geschichte schrieben: Noch nie hat eine Schweizer Nationalmannschaft bei einem wichtigen Turnier gleich drei der sechs großen Nationen bezwingen können. „Werden wir jetzt Weltmeister?“, tagträumte das Boulevardblatt „Blick“ bereits.
Insgesamt 44 Weltmeistertitel, elf olympische Goldmedaillen, dazu 35 aktuelle NHL-Stars - die Trophäensammlungen und Kaderlisten der drei Top-Teams könnten durchaus einschüchtern. Nicht die Truppe um WM-Rekordteilnehmer Mathias Seger, die sich „in unbekannte Höhen“ („Neue Zürcher Zeitung“) aufschwang und hinter ihrem ersten Ziel bei diesem Turnier im hohen Norden schon ein Häkchen machen kann.
„Es ist klar: Wir müssten nun sehr vieles falsch machen, um die Viertelfinals nicht zu erreichen“, sagte der Teamkapitän, der seine 15. WM bestreitet, dem Internetportal „20 Minuten online“ nach dem dritten Erfolg. „Die Schweizer Walze war auch von den Tschechen nicht aufzuhalten“, stellte die Prager Tageszeitung „Dnes“ fest.
Davon hatte vor dem Turnier kaum jemand in der Schweiz zu träumen gewagt. Die Erwartungen an die Nati waren bescheiden, auch die beiden mühsamen Testspielerfolge gegen die deutsche Mannschaft (2:1 nach Verlängerung und 3:2 nach Penaltyschießen) boten keinen Anlass zur Euphorie. Diese setzt erst jetzt ein. „Viele Leute hier reiben sich schon ein wenig verwundert die Augen“, bemerkte Stürmer Martin Plüss.
Einer davon war Tschechen-Torhüter Alexander Salak, der nach der Niederlage durch drei späte Gegentore zu einem erstaunlichen Fazit kam. „Die Schweizer spielten heute furchtbar schlecht. Wir waren das viel bessere Team auf dem Feld“, sagte der Goalie und empfahl sich damit nicht wirklich als fairer Verlierer. In der Tat waren die Schweizer - die im Gegensatz zur deutschen Mannschaft ihre Chancen eiskalt nutzten - effektiver als die Schweden (3:2) und hatten gegen Kanada (3:2 n.P.) Glück bei Schiedsrichterentscheidungen.
„Wenn man sich ansieht, welche die Tore die Schweizer geschossen haben und welche uns aberkannt wurden, spielt das auch eine Rolle“, sagte dazu Bundestrainer Pat Cortina. Den „Eisgenossen“ soll's Recht sein. Gegen die wohl schwächeren Nationen Slowenien, Dänemark, Norwegen und Weißrussland können Seger und Co. sogar den Gruppensieg perfekt machen. Selbstbewusst genug sind die Schützlinge des früheren DEL-Trainers Simpson inzwischen. Allerdings tut sich die Schweiz gegen kleinere Gegner immer schwerer.
„Bis jetzt waren wir die Underdogs, nun gehen wir als Favoriten ins Spiel“, klagte Nino Niederreiter. Aber wer sagt denn, dass diese Schweizer nicht auch mit diesem Problem fertig werden.