Nachlese Was bleibt von der Eishockey-WM?

Das Treffen der besten Teams der Welt in Köln war ein Erfolg für den Deutschen Eishockey-Bund. Die richtige Arbeit fängt für Verbands-Chef Franz Reindl und die Liga aber jetzt erst an.

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Köln. Franz Reindl sah müde aus, als er sich ein letztes Mal während dieser Eishockey-Weltmeisterschaft in den Presseraum begab. Die jahrelangen Vorbereitungen, der Endspurt in den letzten Wochen vor dem Turnier und nun diese hektischen 17 Tage von Köln — das alles hatte Spuren hinterlassen beim Präsidenten des Deutschen Eishockey-Bundes. Reindl war urlaubsreif, als er sein Fazit zog. Und weit davon entfernt, an eine mögliche nächste Bewerbung zu denken. „Das ist der falsche Tag“, sagte der 62-Jährige müde lächelnd, und überhaupt: „Das wird für andere wichtiger sein, ich bin zu alt für so etwas.“

Sorgen, dass sich Franz Reindl aus der ersten Reihe des deutschen Eishockeys zurückzieht, muss dennoch niemand haben. Die Heim-WM war für den Mann aus Garmisch ja maximal eine Zwischen-Etappe auf dem Weg, den DEB wieder näher an die Weltspitze heranzuführen. Aufmerksamkeit wollte er für seinen Sport erzeugen, neue Fans gewinnen und Geld verdienen. Geld für die Zukunft.

All das hat funktioniert. Die Spiele der deutschen Mannschaft lockten Millionen vor die Fernseher und Zehntausende in die Halle. Und weil auch die anderen Fangruppen — vor allem Russen, Letten und Schweden — zahlreich erschienen, kamen insgesamt mehr als 685 000 Zuschauer. Um die zwei Millionen Euro Gewinn könnten am Ende auf dem DEB-Konto landen. Zwei Millionen, die im Gegensatz zu früher nicht mehr dazu genutzt werden, „alte Löcher zu stopfen, sondern die wir in die Zukunft investieren“, wie Reindl bereits vor dem Turnier sagte.

Doch Geld allein macht bekanntlich nicht glücklich. „Wir dürfen nicht dieselben Fehler machen wie 2010“, sagte der DEB-Chef mit Blick auf die vorherige Heim-WM. Damals war die Euphorie sogar noch größer, weil die deutsche Mannschaft nicht nur wie jetzt ins Viertel-, sondern gar ins Halbfinale gekommen war. Wenige Wochen später war von der neuen Begeisterung aber nichts mehr zu spüren, spätestens als die Teams aus Kassel und Frankfurt sich wegen finanzieller Probleme aus der Deutschen Eishockey Liga zurückzogen, war wieder die Rede von der „Pleiteliga“, um die man als Sponsor, Medium oder Fan besser einen großen Bogen macht.

Ähnliche Rückschläge drohen diesmal nicht, aber gesund ist die Liga dennoch nicht. Kaum ein deutscher Eishockey-Club kann ohne reiche Gönner überleben, die erhoffte Wiedereinführung von Auf- und Abstieg zwischen erster und zweiter Liga ist jüngst erneut verschoben worden, und eine ordentliche Nachwuchsarbeit wird gerade erst aufgebaut.

Sicher, es gibt Talente: Leon Draisaitl, Dominik Kahun, Frederik Tiffels, alle erst 21 Jahre alt und schon Leistungsträger. Dazu kommt der 25 Jahre alte Torhüter Philipp Grubauer. Das Quartett steht symbolisch für die neue Nationalmannschaft unter Marco Sturm, der das Team bereits im Vorjahr bei der WM in Moskau ins Viertelfinale geführt hatte. Danach war ihm in Riga auch die Olympia-Qualifikation geglückt, nun ging es erneut in die Runde der letzten Acht. „Kometenhaft, sensationell“, nannte Reindl die Entwicklung unter Sturm.

Doch was bei aller Euphorie nicht vergessen werden darf: Leistungsträger wie Dennis Seidenberg (35), Christian Ehrhoff (34) oder Patrick Reimer (34) werden nicht ewig dabei sein. Und die, die nachkommen, gingen schon als Teenager nach Nordamerika, weil sie wussten, dass sie es mit der deutschen Ausbildung nicht weit bringen werden. Sturm war deswegen weit davon entfernt, in Euphorie zu verfallen: „Wir müssen weiterarbeiten. Vor allem im Nachwuchs, in den Vereinen, aber auch in der DEL. Da müssen wir einfach alle einen besseren Job machen.“

Das will auch Reindl und den WM-Gewinn in die Ausbildung stecken. „Trainer für den Nachwuchs sind das Hauptthema.“ Helfen sollen seine Jugend-Initiative „Powerplay 26“ sowie die Imagekampagne „Wir sind Eishockey“, mit der sich Eltern und Kinder über Angebote vor Ort informieren können. Auch regionale U23-Teams, die mehrere Clubs gemeinsam bilden, um den Spielern den Übergang von der Jugend in den Profibereich zu erleichtern, sind in der Diskussion.

„An Ideen hat es uns im deutschen Eishockey noch nie gefehlt“, fasste Uwe Krupp, ehemaliger NHL-Profi und Bundestrainer, nun bei den Eisbären Berlin hinter der Bande, die Lage zusammen, „jetzt geht es aber darum, dass es auch umgesetzt wird“. Damit die Heim-WM 2017 nicht in wenigen Wochen schon wieder vergessen ist.