Saisonstart Deutsche Eishockey Liga: Gut gelaunt ins Jubiläumsjahr
Mannheim · Selten war die Stimmung in der Deutschen Eishockey Liga so gut wie vor ihrer 25. Saison. Doch es bleiben strukturelle Probleme.
Gernot Tripcke lief vergnügt durch den VIP-Raum der Mannheimer Arena. Hier ein Pläuschchen, dort ein Handschlag oder gleich eine Umarmung. Und das stets mit einem Lächeln auf den Lippen. Nun ist Tripcke, 50, kein notorisch schlecht gelaunter Mensch, aber wie sich der Chef der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bei ihrem Medientag unter der Woche präsentierte, das war schon auffällig. Das lag natürlich am heutigen Saisonstart, aber auch an der Gesamtsituation. Vor der 25. Saison ist die Stimmung in der DEL gut wie lange nicht.
Selbst kritische Beobachter nehmen die jüngsten Entwicklungen anerkennend zur Kenntnis. Spannende Play-offs in der Vorsaison, volle Hallen, mehr TV-Zuschauer, bessere Öffentlichkeitsarbeit, neue Statistik-Angebote für Fans und Journalisten, vier weitere Profi-Schiedsrichter, neue Sponsoren, die Wiedereinführung von Auf- und Abstieg. Und über allem schwebt der Geist der Olympischen Silbermedaille im Februar, ausschließlich erreicht mit DEL-Spielern.
„Es erleichtert Gespräche, es öffnet Türen, man muss Eishockey jetzt nicht mehr erklären“, sagt Tripcke. Das Finale gegen die Russen hätten eben keine 500 000, sondern fünf Millionen Zuschauer früh morgens am TV verfolgt. Deswegen schwebt auch Verbandspräsident Franz Reindl noch immer durch jeden Raum, den er betritt. Die Vereine hätten bei den Kleinsten einen Zuwachs von zehn bis 15 Prozent erlebt, sagt Reindl. Nur wohin mit denen? Die Klubs können kaum noch Kinder aufnehmen, es gibt ja immer weniger Eishallen. Und in denen sieht es teils düster aus. Die in NRW sind im Schnitt mehr als 40 Jahre alt. Tripcke hofft nun, dass die Silbermedaille den Vereinen neue Argumente für die Gespräche mit den Lokalpolitikern beschert hat.
Deutsche Spieler sind in den USA sehr begehrt
Der Erfolg hat auch andere Begehrlichkeiten geweckt. Mehr denn je schauten die Scouts aus Übersee in die DEL. Mehr denn je wechselten deutsche Spieler in die Millionenliga NHL. „Absolut erfreulich“ sei das, „eine Auszeichnung für das deutsche Eishockey“, sagt Nürnbergs Kapitän Patrick Reimer. Ähnlich hören sich seine Kollegen an. Kein Neid, ehrliche Freude darüber, dass einige nun regelmäßig gegen die Besten der Welt spielen dürfen und ein Vielfaches vom DEL-Gehalt verdienen. Auch Tripcke freut sich, sagt aber: „Weil es deutsche Nationalspieler sind, die sich durch den Olympia-Erfolg einen Namen gemacht haben, ist das definitiv ein Verlust für uns.“ Muss man sich also Sorgen machen um das Niveau der Liga und die Identifikation der Fans?
Weil die meisten Topspieler naturgemäß bei Topklubs spielen, haben vor allem die Großen gelitten. Zwar konnten sie für Ersatz sorgen, was die Liga insgesamt nicht ausgeglichener macht, aber innerhalb der Spitze scheinen die Abstände kleiner geworden zu sein. Meister München hatte noch weitere Abgänge zu verkraften und ist längst nicht mehr ein so klarer Favorit wie in den Jahren zuvor. Bereits vergangene Saison brauchte der EHC im Finale gegen Berlin sieben Spiele für die erforderlichen vier Siege. Nun machen sich vor allem die Mannheimer auf, den Münchenern den vierten Titel in Serie zu verbauen. Dafür hat Mäzen Daniel Hopp – Sohn des Hoffenheimer Fußballpatrons Dietmar Hopp – kräftig investiert. Neue Spieler, neue Trainer. Sein Königstransfer: Chefcoach Pavel Gross, über Jahre erfolgreich in Wolfsburg und der vielleicht beste Trainer der Liga. Er sei gekommen, um zu gewinnen, sagt Gross.
Die Top-5-Clubs geben mehr Geld aus, als sie einnehmen
Hinzu kommen die Berliner, denen im April ja nur ein Sieg zum Titel fehlte, die starken Nürnberger, die trotz vieler Abgänge in der Champions League Topteams aus Finnland und Tschechien geschlagen haben, und die Ingolstädter mit dem famosen finnischen Verteidiger Ville Koistinen. Und obwohl sie abgebaut haben, sollte man auch die Kölner nicht abschreiben.
An der Liste zeigt sich gleichzeitig ein Dilemma. Um den Titel spielt nur der, der reiche Gönner hat. Jeder der Top-5 gibt mehr aus, als er einnimmt. Eishockey ist und bleibt ein Hobby für Liebhaber mit gefülltem Konto. DEL-Chef Tripcke macht kein Geheimnis daraus, dass „niemand in ein Eishockey-Team investiert, um Geld zu verdienen“. Aber zumindest sei die Zeit der verrückten Mäzene vorbei, die am Ende pleite waren oder wegen schwarzer Kassen und ähnlicher Geschichten Ärger mit dem Finanzamt bekamen.
Ein Problem bleibt aber: Das Mäzenatentum will schnellen Erfolg sehen, entsprechend wenig Entwicklungsspielraum lässt es den Managern und Trainern, die immer dieses Jahr gewinnen müssen – und deswegen selten junge Spieler einsetzen, die Fehler machen dürfen. Bundestrainer Marco Sturm kritisiert das seit längerem. Und empfiehlt dem Nachwuchs deswegen, schnellstmöglich das Land zu verlassen. Andere Länder seien in Sachen Ausbildung deutlich weiter, daran hätte auch der Olympiaerfolg nichts geändert.