WM-Mission Klassenerhalt: DEB-Cracks stapeln tief
Bratislava (dpa) - Tiefstapeln nach dem Höhenflug: Der Halbfinal-Coup von 2010 ist verjährt, mit dem Auftakt-Bully bei der Weltmeisterschaft in Bratislava beginnt für die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft am Freitagnachmittag wieder einmal der Kampf ums sportliche Überleben.
„Wir müssen ganz klar erstmal schauen, dass wir nicht in die Abstiegsrunde kommen“, betonte Kapitän Michael Wolf. Dieser Großauftrag wird schwer genug. Gegen Russland, die Slowakei und Slowenien gilt es, eine Blamage zu vermeiden. „Wir werden uns warm anziehen müssen“, warnte Sportdirektor Franz Reindl.
Die erste Enttäuschung setzte es für das Team um Bundestrainer Uwe Krupp schon zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel. Ein Blick auf die NHL-Resultate verriet der Delegation am Mittwochmorgen, dass sie vorerst auf Christian Ehrhoff verzichten muss. Der Verteidiger erreichte mit seinem Club Vancouver Canucks die nächste Playoff-Runde und ist damit in Nordamerika ^weiter unabkömmlich. „Auf NHL-Spieler spekulieren wir ohnehin nicht“, räumte Reindl ein und ergänzte selbstlos: „Ehrlich gesagt: Ich freue mich mehr für den Spieler.“
Ein Profi von Ehrhoffs Kaliber, bei der Heim-WM im Vorjahr einer der Besten, hätte die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) massiv verstärkt, gibt Krupp unumwunden zu. Der Coach, der an der deutschen Bande seine Abschiedsvorstellung gibt, ist mit seinen WM-Nominierungen ohnehin angeeckt: Krupp nahm etwa Neuling Kevin Lavallee mit nach Bratislava und verzichtete im vorläufigen 26-köpfigen Aufgebot dagegen auf Meister-Stürmer Alexander Weiß.
Bis Donnerstag kann der DEB 23 Spieler nominieren, aus taktischen Gründen aber Plätze frei lassen - etwa für Ehrhoff, sollte ihn im NHL-Viertelfinale ein schnelles Aus ereilen, oder Dennis Seidenberg von den Boston Bruins. Nach der Vorrunde dürfen zwei weitere Spieler zum Team stoßen. „Das werden wir kurzfristig entscheiden“, sagte Krupp.
Ob die deutsche Truppe dann in die ungeliebte Abstiegsrunde muss oder sich weiter mit den Weltbesten messen kann, entscheidet sich wohl nicht gegen Russland am Freitag und Gastgeber Slowakei am Sonntag. Reindl, der als Sportdirektor ebenso wie Krupp zum letzten Mal bei der WM dabei ist, erklärte: „Die Vorrunde zu überstehen, ist das oberste Ziel, und man wird das nicht schaffen können, wenn man nicht Slowenien schlägt.“ Für das Minimalziel muss in der Vierer-Gruppe mindestens Platz drei her.
Gegen den Weltranglisten-19. ist Deutschland am Dienstag Favorit, aber allein die Erinnerung an die grausame WM 2009 mit der Blamage gegen Frankreich lässt Krupp erschaudern. „Bei uns wird keinerlei Übermut oder Leichtsinn ins Spiel kommen“, mahnte der Trainer. In der Schweiz war Deutschland vor zwei Jahren sportlich abgestiegen, blieb aber als WM-Ausrichter 2010 in der Weltgruppe.
Zunächst steht der Kracher gegen Rekordweltmeister Russland an. „Wir sind gut vorbereitet“, tönte Korbinian Holzer vom zweitklassigen Nordamerika-Team Toronto Marlies und versprach, das „beste Eishockey zu spielen“. Reindl ist vorsichtiger, zumal Russland mit einem halben Dutzend NHL-Stars angeführt von Rekord-Stürmer Ilja Kowaltschuk in die Slowakei reist: „Da zittern einem schon ein wenig die Knie.“