Euro 2012: Polen greift durch — und hofft
Welche Maßnahmen das Turnier doch zu einem Fußball-Fest machen sollen.
Warschau. Die Äußerungen des polnischen Premierministers Donald Tusk haben die europäische Fußball-Welt aufgeschreckt. Was in Sachen dieser Ausrichtung der Euro 2012 nicht zum ersten Mal geschieht. Bereits 2008 stand zur Debatte, dass an die Stelle des Ausrichters Ukraine Deutschland neben Polen rückt, weil das Vertrauen der Uefa in die ukrainische Infrastruktur und den Stadionbau schnell erschüttert war. Ein Problem, das — eingeschränkt — noch eines ist: Das Stadion in Lemberg wird nach einem Baustopp erst Ende 2011 fertiggestellt, auch das Olympiastadion in Kiew soll erst mit Verzögerung im beginnenden Winter dieses Jahres fertiggestellt sein.
Größer ist derweil aktuell die Problematik in Polen, wo Premierminister Tusk seinen Maßnahmenkatalog gegen die Hooligan-Szene auf die Spitze treibt: Überführte Randalierer sollen künftig vor Ort in Video-Schnellverfahren von live zugeschalteten Richtern abgeurteilt werden.
Den 16 Vereinen der Extraklasa drohte Tusk mit Spielabsagen in großem Stil. Er gab den Klubführungen eine Mitschuld an der Eskalation der Hooligan-Gewalt. Die Vereinsbosse hätten es zugelassen, dass sich „auf den Tribünen Mörder, Drogendealer und Kleinkriminelle unter die Zuschauer mischen“. Die Zeitung „Gazeta Waborcza“ berichtete, dass die Klubs nur ein Zehntel aller polizeilich ausgesprochenen Platzverbote durchsetzen, und erhob einen ungeheuerlichen Vorwurf: „Einige Klubs arbeiten mit den Stadionbanditen zusammen“, schrieb das Blatt.
Fakt ist, dass Hooligans immer wieder offen zu Gewalt greifen, ohne von den Ordnungskräften der Vereine behelligt zu werden. Tusk kündigte deshalb an, dass die Polizei zu jedem Spiel und in alle Stadien zurückkehren werde. Bislang überwachen private Sicherheitsdienste das Geschehen auf den Tribünen. Die Polizei zeigt nur in kritischen Fällen Präsenz. Mit Blick auf die Euro 2012 sind zudem ausgeweitete Videoüberwachungen geplant.
Hinzu kommen soll die befristete Wiedereinführung von Personenkontrollen an den EU-Grenzen zu Deutschland, Tschechien, der Slowakei und Litauen, die mit dem Beitritt Polens zum Schengen-Raum Ende 2007 weggefallen waren.