Feingeist Ginter als Vorkämpfer

Der Abwehrspieler erzielt bei Gladbachs Arbeitssieg gegen Augsburg das erste Tor und leitet den zweiten Treffer mit einem rustikalen Zweikampf ein.

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Mönchengladbach. Matthias Ginter ist eher der Feingeist unter den Abwehrspielern. Allzu heftige Fouls sind dem Mönchengladbacher Fußball-Profi zuwider. 13 Gelbe Karten kassierte er in 157 Bundesliga-Spielen — verwarnt wird er also im Schnitt nur in jedem zwölften Spiel. Dank seiner Fähigkeit, Situationen frühzeitig zu erkennen und richtig zu beurteilen, löst er seinen Job meist auf die sanfte, elegante Tour.

Doch vor dem entscheidenden zweiten Gladbacher Treffer, den Thorgan Hazard nach einem furiosen, nicht enden wollenden Sprint so abgezockt wie selten zuvor zum 2:0-Sieg gegen den FC Augsburg abschloss, bediente sich Ginter einer rustikalen, giftigen Gangart. Ginter luchste trotz ungünstiger Position mit einem beherzten Einsteigen vor dem eigenen Strafraum einem Augsburger den Ball ab und leitete blitzschnell den Konter ein. Eine Szene, die das gesamte Erscheinungsbild der Gladbacher an diesem nasskalten Samstag symbolisierte.

Dieter Hecking, Gladbachs Trainer

Die Borussen entpuppten sich eine Woche nach der unerquicklichen 1:2-Niederlage beim 1. FC Köln als ein verschworener Haufen, als nimmermüde Kämpfer. Dass sie gegen unbequeme und nie nachlassende Gäste in diese Rolle schlüpften, ja, schlüpfen mussten, gefiel Cheftrainer Dieter Hecking: „Wir haben alles reingeworfen. Die Mannschaft kann auch kämpfen. Das hat man gesehen, und als es kritisch wurde, haben uns die Zuschauer enorm geholfen und immer wieder nach vorne gepeitscht.“

In diesem intensiven Schlagabtausch der bisherigen Tabellennachbarn wuchs nicht nur ein Fußball-Ästhet wie Raffael kämpferisch über sich hinaus, auch ein junger Bursche wie der erst 18-jährige Michaël Cuisance spürte, dass neben kreativen Elementen, Finessen und Zuckerpässen an diesem Tag weit mehr gefordert war. „Wie er das Spiel interpretiert und sich reingekniet hat, verdient höchste Beachtung“, lobte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl den „kleinen Maestro“ aus dem französischen Nancy. Dass die Konkurrenz Federn gelassen hat, sei im Übrigen ein gutes Gefühl: „Für uns selbst waren die drei Punkte natürlich sehr wichtig. Das zählt, aber wir müssen konsequent bleiben. Die Liga ist enger denn je, wir müssen dran bleiben.“

Kapitän Lars Stindl lobte die Moral seiner Mannschaft: „Es war intensiv und ein Arbeitssieg durch und durch. Aber er ist gut für die Tabelle und fürs Gemüt.“ Und das alles passierte in Abwesenheit von Weltmeister Christoph Kramer (fiebrige Erkältung), dem eigentlichen Vordenker im Team und Prototyp des laufstarken, nie verzagenden Zweikämpfers.

Die Augsburger dürfte die Niederlage in Mönchengladbach nicht aus der Bahn werfen. Das Team aus dem Süden wirkte stabil und in sich geschlossen. „Meine Mannschaft hat vor allem im zweiten Abschnitt gut gespielt. Es fehlte das Quäntchen Glück und der entscheidende Punch“, sagte Cheftrainer Manuel Baum.

Das frühe Glück wiederum war der Borussia im ersten Heimspiel der Rückrunde hold, als Matthias Ginters Kopfball bereits in der zehnten Minute nach einer Ecke von Hazard an den Innenpfosten und von dort ins Tor prallte. Es war bereits sein vierter Saisontreffer und der Auftakt eines perfekten Tages für den ehemaligen Dortmunder, an dem nicht Glanz und Eleganz das Spiel auf dem Rasen bestimmte, sondern der pure Kampfgeist und der Wille, die Schmach von Müngersdorf vergessen zu machen. „Darum ging es einzig und allein. Und das ist uns gelungen“, fügte Ginter noch hinzu.