Hoffen auf die Nominierung Auffällig unauffällig: Ginter will auch zur WM
Freiburg (dpa) - Im Wintergarten bei seinen Eltern denkt Matthias Ginter noch einmal fast ein Jahr zurück. Sein Vater sitzt nebenan im Trainingsanzug auf der Couch und schaut Fußball, der Nationalspieler dagegen wirkt zumindest für einen kurzen Moment alles andere als entspannt.
„Ganz vergessen kann man das natürlich nicht“, sagt der 24-Jährige und meint den Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund am 11. April 2017. Ginter saß damals mit seinen Teamkollegen im Bus und dachte im Anschluss sogar kurzzeitig an ein Karriereende. Seitdem hat sich im Leben des Verteidigers Vieles verändert.
Ginter spielt seit dem vergangenen Sommer für Borussia Mönchengladbach, ans Aufhören denkt er schon lange nicht mehr. Anders als noch in Dortmund ist er am Niederrhein als Innenverteidiger gesetzt. Weder in der Bundesliga, noch im DFB-Pokal verpasste der 24-Jährige in dieser Saison auch nur eine Spielminute. „Wir sind jetzt Fan der anderen Borussia“, scherzt sein Vater. Mehr als 400 Kilometer liegen zwischen Mönchengladbach und Ginters Elternhaus in einem kleinen Vorort von Freiburg. Dass er es mal für einen kurzen Besuch in seine Heimat schafft, liegt auch an seinem Trainer Dieter Hecking, der Gladbachs Profis nach einem Freitagsspiel ein freies Wochenende schenkte.
Sportlich läuft es für die im Mittelmaß verharrende Borussia derzeit zwar alles andere als gut, für Ginter persönlich aber bestens. Mit vier Treffern ist er der torgefährlichste Abwehrspieler seines Clubs und genießt hohes Ansehen in der Mannschaft. Der stille Ginter ist in Mönchengladbach ein wenig lauter geworden. „Ich denke auch, dass man gerade zuletzt gesehen hat, dass ich in Gladbach einen klaren Schritt in Richtung Führungsspieler gemacht habe“, sagt er. Das ist auch als Signal an Bundestrainer Joachim Löw zu verstehen. Nach dem Gewinn des Confed Cups im vergangenen Sommer will der 24-Jährige unbedingt auch in diesem Sommer wieder nach Russland reisen.
Die WM sei sein großes Ziel, sagt er. Eine Sensation wäre seine Nominierung für den vorläufigen WM-Kader am 15. Mai jedenfalls nicht. Ginter ist seit Jahren in der DFB-Auswahl dabei, ohne jemals wirklich aufgefallen zu sein. Beim Titelgewinn in Brasilien 2014 stand er schon im Aufgebot, war jedoch nicht eingesetzt worden. Anschließend entwickelte er sich unter Löw zu einem soliden Backup für das Abwehrzentrum. Ginter war bisher zwar nur selten ein Spieler, dem man nach einem Spiel die beste Note geben würde - aber auch fast nie die schlechteste. Löw dürfte gefallen, dass in seinen bisher 17 Länderspielen meist auf ihn Verlass war.
„Ich glaube schon, dass ich den Bundestrainer beim Confed Cup und auch in den Länderspielen danach überzeugen konnte. Auch der Schritt nach Gladbach hat mir wahnsinnig gutgetan“, sagt Ginter. Er ist reifer geworden, auch abseits des Platzes, wo er in seiner Freiburger Heimat vor kurzem eine Stiftung für kranke Kinder gegründet hat. Ein Lautsprecher wird Matthias Ginter zwar nie werden. Aber bisher hat er seine Ziele auch ohne große Worte erreicht.