Aufbruchstimmung dank Favre - harsche Neuer-Kritik

Mönchengladbach entfacht unter Trainer Favre mit dem ersten Saison-Heimsieg Aufbruchstimmung. Dennoch rumort es. Die Vogts-Schelte stößt auf Unverständnis, die „Initiative Borussia“ will Präsident Königs stürzen. Schalke-Keeper Neuer kritisiert die Kollegen.

Mönchengladbach (dpa) - Die Mannschaft gab zum Trainer-Einstand von Lucien Favre ein deutliches Lebenszeichen, und selbst die merkwürdige Verbal-Attacke von Berti Vogts konnte die neue Aufbruchstimmung bei Borussia Mönchengladbach kaum trüben.

„Die zweite Liga interessiert uns nicht. Unser Ziel ist der Klassenverbleib. Und dafür haben wir den ersten Schritt getan“, sagte Sportdirektor Max Eberl nach dem 2:1 gegen den leb- und mutlosen FC Schalke 04. Der Glaube an die Rettung beim Schlusslicht ist zurückgekehrt, der Rückstand auf Relegationsplatz 16 beträgt nur noch vier Punkte.

Die Profis feierten den ersten Saison-Dreier im Borussia-Park am Sonntag ausgelassen mit den Fans. „Ich konnte mich schon gar nicht mehr an den letzten Heimsieg erinnern“, sagte der überragende Marco Reus und ergänzte mit Blick auf das „Kellerduell“ am Freitag beim VfL Wolfsburg: „Jetzt müssen wir hart arbeiten und nachlegen.“

511 Tage nach seiner Entlassung bei Hertha BSC gelang Favre eine perfekte Rückkehr auf die Bundesliga-Bank. „Das war Fußball mit Zweikämpfen, Bewegung, Willen und Leidenschaft“, sagte der 53 Jahre alte Nachfolger von Michael Frontzeck. Dem Schweizer Favre gelang es in kürzester Zeit, den Spielern neues Selbstvertrauen einzuhauchen.

Selbst den Nackenschlag nach 80 Sekunden durch den ehemaligen Borussen Peer Kluge verdaute die Elf, schlug durch Reus (12. Minute) und Mohamadou Idrissou (23.) zurück. „Die Mannschaft hat Charakter gezeigt und auch nach dem 0:1 nur positive Gedanken gehabt“, sagte Favre. Mit der aus einem „Bauchgefühl“ getroffenen Entscheidung, Logan Bailly wieder in das Tor zu beordern, lag Favre ebenso richtig wie mit der Nominierung des spielfreudigen Juan Arango.

Eine harsche Vogts-Kritik an Sportdirektor Eberl sorgte nur am Rande für Wirbel. „Er ist kein Borusse, er weiß gar nicht, wie er zu dem Job gekommen ist. Er ist mal von Torpfosten zu Torpfosten gelaufen“, hatte der frühere Bundestrainer im TV-Sender Sport1 gesagt. Vizepräsident Rainer Bonhof kündigte Vogts gar die Freundschaft auf. „Was Berti sagt, ist Blödsinn“, sagte Bonhof. „Das war unter der Gürtellinie“, meinte Sky-Experte Stefan Effenberg. Eberl bemühte sich um Sachlichkeit: „Er war einst mein sportliches Vorbild. Ich bin jetzt zwölf Jahre hier - das zeigt, dass ich dem Verein sehr verbunden bin.“

Alle hoffen, dass der Sieg zur Beruhigung im Umfeld beiträgt. Denn die Oppositionsgruppe „Initiative Borussia“ will den umstrittenen Präsidenten Rolf Königs als vermeintlich Verantwortlichen der Misere stürzen. „Das System Königs muss abgewählt werden“, sagte Initiativen-Sprecher Norbert Kox der „Bild“ (Montag).

Auch Schalke kommt nicht zur Ruhe. Nach dem tollen Champions-League-Auftritt in Valencia (1:1) verpasste der Revierclub die große Chance, bis auf fünf Punkte an die Europapokalplätze heranzurücken und die verkorkste Liga-Saison noch zu retten. Manuel Neuer ging mit den Kollegen ungewohnt offen und hart ins Gericht. „Wir waren keine Einheit und wussten nicht, wie wir zusammen Fußball spielen sollen“, sagte der Nationalkeeper. „Die Hälfte hat sich versteckt und wollte den Ball nicht haben. Wir hätten auch fünf Tore bekommen können.“

Trainer Felix Magath ist der eklatante Unterschied zwischen Königsklasse und Liga längst ein Dorn im Auge. Auch die Ausfälle von Christoph Metzelder, der mit einer Knieverletzung nach 32 Minuten passen musste, und Kluge (Sprunggelenk) zur Halbzeit können den desolaten Auftritt nicht erklären. „Über Platz fünf brauchen wir erstmal nicht zu reden. Aber ich will die Bundesliga nicht abhaken“, sagte Magath, der bei seinen Profis mentale Probleme sieht. Schon zum vierten Mal verlor die Elf nach guten Europa-Auftritten danach in der Liga. „Das ist symptomatisch für unsere Saison“, kritisierte Neuer.