Augsburg versetzt Berge - Gladbach wie „ein Wunder“

Mönchengladbach (dpa) - Mit inbrünstigen Schreien ließen die Fußballprofis des FC Augsburg ihre Gefühle frei. Zu Saisonbeginn von vielen belächelt hatten sie es allen gezeigt: „Leidenschaft versetzt Berge.

Klassenerhalt 2012“ - stolz trugen sie ihre Dringeblieben-Shirts.

Nach dem 0:0 in Mönchengladbach war es perfekt: Die Schwaben bleiben erstklassig. Jan-Ingwer Callsen-Bracker wollte später gar spontan „die Stadt auseinandernehmen“. Mit einer wunderbaren Rückrundenbilanz ließen sie 2012 Etablierte wie Hamburg, Bremen, Hoffenheim oder Köln hinter sich. „Für uns ist der 15. Platz wie eine Meisterschaft. Wahnsinnig, dass wir auch in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen“, sagte FCA-Kapitän Paul Verhaegh.

Torhüter-Routinier Simon Jentzsch musste „das alles erstmal realisieren“. Irgendwie konnten sie es nicht fassen, was ihnen da gelungen war. Jentzsch: „Das ist Wahnsinn mit der Truppe, mit dem Etat. Wir waren meilenweit von den anderen Mannschaften entfernt. Der Klassenverbleib ist höher einzuschätzen als der Aufstieg.“

Dabei war doch eigentlich alles klar mit der prognostizierten direkten Rückkehr in Liga zwei: Erst am neunten Spieltag gelang der Premierensieg in der Beletage des deutschen Fußballs, lange musste die Mannschaft von Jos Luhukay mit dem Tabellenende vorlieb nehmen, lag fünfmal ganz hinten, galt gemeinsam mit Freiburg als unrettbar abgeschlagen.

„Alle Experten haben uns als direkten Absteiger Nummer eins gesehen. Davon sollte man sich nicht beeinflussen lassen. Wir haben an uns geglaubt“, schilderte der Niederländer, der einst auch die Borussia in die Erstklassigkeit führte, das Geheimnis des Erfolgs.

Der scheidende Manager Andreas Rettig würdigte das, was die krassen Außenseiter in ihrer Gesamtheit auszeichnete: „Die einzige Chance, die wir hatten, war bei unseren Mitteln und Möglichkeiten ja bekannt: Es geht nur über Zusammenhalt, über die Truppe und den Teamgeist.“ Das habe man in der Fuggerstadt gesehen. Rettig: „Vom Zeugwart bis zum Präsidenten ist das eine Einheit.“ Und deshalb habe der FCA „verdient den Kopf über Wasser gehalten“.

Also feierten sie - alle. Der mit 53 306 Zuschauern besetzte Borussia-Park wurde zum Freudentempel zweier Clubs, die Tolles leisteten. „Ich spüre, dass wir etwas Großes geschafft haben“, hielt Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl fest, obwohl die direkte Champions-League-Qualifikation passé war.

Für Trainer Lucien Favre sind 57 Punkte und die Rückkehr in den Europacup nach 16 Jahren Pause „ein Wunder“. Ob so etwas erneut gelingen kann? Fraglich. Denn die Borussia muss sich neu formieren. Die Leistungsträger Marco Reus, Dante und Roman Neustädter gehen ausgerechnet zu den Vereinen, die in der Tabelle vor Gladbach liegen: Dortmund, Bayern, Schalke.

Da wissen Eberl, Favre und Geschäftsführer Stephan Schippers, dass sie die nach Abzug von Steuern mit 15 Millionen Euro bezifferten Transfereinnahmen schnell investieren müssen, um international konkurrenzfähig zu sein und es national zu bleiben. Abwehrspieler Roel Brouwers sorgt sich schon jetzt, ob der Borussia ähnlich Gutes auch demnächst gelingen kann: „Es wird eine schwere Aufgabe, das zu wiederholen.“