Bundesliga-Serie Gladbachs neuer Weg mit Rose

Mönchengladbach · Seit Lucien Favre den Klub 2015 verlassen hat, vermochte kein Cheftrainer prägend auf die Spielidee einzuwirken. Daher hat Manager Max Eberl den Wechsel von Dieter Hecking zu Marco Rose vollzogen.

Für Trainer Marco Rose ist Gladbach die erste Trainerstelle in der Bundesliga.

Foto: dpa/Matthias Balk

Acht Jahre auf einem einstelligen Tabellenplatz, nach zwei Spielzeiten Abstinenz wieder für Europa qualifiziert – alles prima also bei Borussia Mönchengladbach. Irgendwie nicht, sonst hätte Manager Max Eberl nicht die Kehrtwende vollzogen, Trainer Dieter Hecking trotz Vertragsverlängerung im Herbst 2018 wenige Monate später den Laufpass gegeben. Und Marco Rose verpflichtet. Denn seit Lucien Favre den Klub 2015 verließ, vermochte kein Cheftrainer prägend und nachhaltig auf die Spielidee einzuwirken.

Warum initiierte Eberl die Trainer-Rochade?

Er wusste, was er von Hecking bekommt und ahnt, was Rose ihm und dem Klub bieten kann – eine neue inhaltliche Ausrichtung. Rose ist in der Liga ein unverbrauchtes Gesicht, er ist einer der Typen der innovativen Trainer-Generation. Insofern liegt Eberl im Trend. Neue Trainer braucht die Liga, selten starteten mehr Neue in eine Spielzeit – acht an der Zahl. Erfolg aber garantieren nur Punkte. Das weiß auch Rose, sagt zu allen Vorschuss-Lorbeeren auf seine Arbeit und Person: „Es gibt keinen Rose-Fußball.“

Was sollte das sein – Rose-Fußball?

Vielleicht das – wenn man zwei Jahre kein Heimspiel verliert, zweimal Meister wird und 2019 auch den Pokal noch in die Höhe reckt. So hat es Rose gemacht mit Red Bull Salzburg in Österreich. Bei den Nachbarn aber ist es etwas anders als in der Bundesliga. Das weiß auch Rose. Womöglich hat er auch deshalb gerne zugesagt in Gladbach. „Ich freue mich, mich einer neuen Konkurrenz zu stellen“, sagte er zum Einstand und erklärte auch gleich, warum er bei der Vielzahl der Angebote den Borussia-Park als Arbeitsplatz gewählt hat. „Gladbach ist ein lässiger Verein.“ Für Worte gibt’s noch keine Punkte. Aber die Haltung hinter diesem lockeren Spruch verdeutlicht den Paradigmen-Wechsel in Gladbach.

Was hat Rose mit Gladbach vor?

Was bei Hape Kerkelings Kunstfigur Evje van Dampen Liebe ist, bedeutet für Rose Fußball – Arbeit, Arbeit, Arbeit. Die Trainingseinheiten gehen nicht unter zwei Stunden über die Runden. Mit ein bisschen Spaß auch, versteht sich. Weltmeister Christoph Kramer urteilte gleich wohlwollend über den Neuen: „Er macht es besser, als erwartet.“ Aha. Roses Spielidee basiert auf Emotionalität, auf Gier, auf Aktivität. Viel Tempo, kurze Wege zum Tor. Und Kombinationsfußball. Sein Credo: Wir sind alle auf dem richtigen Weg, wenn sich die Fans damit identifizieren können. Er werde keine Schablone aus Salzburg in Gladbach überstülpen. Rose: „Es wird Prinzipien geben, die ich einfordern werde, und wir werden einen Stil gemeinsam kreieren.“

Wie weit ist das Projekt?

Inhaltlich – zufriedenstellend weit, ertragsmäßig – ausbaufähig. In den Tests drehte das Team oft einen Rückstand, verlor nur zwei. Der Knackpunkt – bei Balleroberung geht es Rose mitunter noch nicht zielstrebig genug Richtung Tor. „Wir müssen uns mehr wehren“, sagte er nach dem 2:2 im Test gegen Chelsea.

Wie sieht es mit dem Personal aus?

Der Kader steht – bis auf eine Personalie. Malang Sarr soll kommen, aber nicht für alles Geld dieser Welt. Noch ruft Nizza für Eberl zu hohe Summen für den Abwehrspieler auf – rund 20 Millionen Euro. In Marcus Thuram ist der Weggang von Thorgan Hazard zum BVB kompensiert, Stefan Lainer ist als rechter Verteidiger gesetzt. Über ihn sagt Rose nach den zwei Jahren der Zusammenarbeit in Salzburg: „Der ist eine Naturgewalt.“ Das könnte auch Breel Embolo werden. Der hat gerade erst 15 Wettkampfminuten in den Beinen. Rose bleibt gelassen, sagt: „Wir setzen ihm keinen riesigen Rucksack auf, er soll gesund werden und sich wohlfühlen.“

13 Spieler sind 22 und jünger

Hennes Weisweiler war als Spieler Verteidiger, aber er liebte den Offensiv-Fußball, hatte ein Faible für junge Fußballer, die er formte und förderte. Junge, talentierte Spieler haben immer bei Borussia Mönchengladbach eine Rolle gespielt. Davon zeugt die Tatsache, dass der Traditionsklub in der neuen Spielzeit neben RB Leipzig (18) und Hertha BSC Berlin (15) die meisten Youngster beschäftigt. 13 Spieler sind 22 Jahre alt oder jünger. Sie zu formen liegt auch Marco Rose am Herzen, der sich in der Jugend-Akademie von RB Salzburg Meriten erwarb. Er war vier Jahre Coach der Salzburger Junioren – 2017 gewann er die Youth Champions League. Rose: „Ich rede viel mit den Jungen, das schafft Vertrauen. Und aus Vertrauen erwächst Leistung. Hauptsache, man geht offen und ehrlich miteinander um.“

Wird Borussia Mönchengladbach im eigenen Stadion wieder eine Macht?

Gladbach hat in den vergangenen drei Saisons im Borussia-Park 14 Niederlagen einstecken müssen, nicht mehr als 87 von 153 möglichen Punkten eingefahren. In der Rückrunde 2018/19 gelang nur ein Heimsieg – zwei Remis, aber vier Niederlagen. Für die Europa-League hat es gereicht, für einen Champions-League-Platz war’s zu wenig. Rose hatte in Salzburg den Nimbus der Unbesiegbarkeit. Ob auf nationaler Ebene oder internationaler – in den beiden Jahren seines Wirkens ließ Rose in der Liga sowie im Europa-Pokal keine Niederlage in der heimischen Arena zu. Aber Salzburg ist passé, die Festspiele sollen im Borussia-Park über die Bühne gehen.