Favre nimmt Reus in Schutz
Der Cheftrainer der Borussia fordert von den Sturmpartnern des Gladbacher Nationalspielers mehr Kreativität.
Heidenheim. Am Ende wussten die Verantwortlichen und Spieler von Borussia Mönchengladbach nicht, wie sie den 4:3-Erfolg nach Elfmeterschießen im DFB-Pokal bewerten sollten. War es nun ein gutes Fußballspiel, in dem sich die Gäste vom Niederrhein viele Chancen erspielt haben? Oder war es aus Sicht des Bundesligisten ein schlechtes Spiel, weil es der Favorit nicht geschafft hat, in 120 Minuten gegen einen kämpfenden Drittligisten ein Tor zu erzielen? Beides ist wohl richtig.
„Die 30 Minuten Verlängerung hätten wir uns sparen können“, sagte Martin Stranzl, der diesmal auf der ungewohnten Position rechts in der Verteidigung spielen musste. Der Österreicher sprach so die erneut schwache Chancenverwertung an. Möglichkeiten gab es zu jedem Zeitpunkt des Spiels für die Borussen. Für Stranzl waren viele Angriffe zu kompliziert. „Gegen einen so massiv stehenden Gegner muss man breit spielen, mehr über die Flügel machen. Wir haben es zu viel durch die Mitte probiert, wo es dann viele Ballverluste gab.“
Auch Sportdirektor Max Eberl sprach nach dem Spiel die schwache Chancenverwertung an. „Wir hatten in 120 Minuten genug Chancen, das Spiel zu entscheiden. Wir hatten zwar einmal Glück, als Marc-André ter Stegen gut hält, trotzdem ist der Sieg verdient. Wir waren einem Tor wesentlich näher.“ Das Spielniveau, das die Mannschaft seit Wochen zeigt, gefällt dem Sportdirektor. „Wir spielen ein gutes Niveau, agieren auf einem hohen Level. Wir müssen aber vor dem Tor kaltschnäuziger werden.“
Damit meint Eberl vor allem Marco Reus, der wieder einmal ein halbes Dutzend bester Tormöglichkeiten vergab. Für Cheftrainer Lucien Favre ist es jedoch falsch, den Focus nur auf den Jung-Nationalspieler zu richten. „Wir müssen aufhören, immer nur über die Torchancen von Marco Reus zu sprechen. Er bereitet viele Möglichkeiten vor, erarbeitet sich selber viele Chancen und hat ein enormes Potenzial. Es müssen aber endlich auch andere Spieler gute Möglichkeiten kreieren.“ Die Offensivpartner von Marco Reus, Mike Hanke, Juan Arano und Patrick Herrmann, strahlten in Heidenheim längst nicht so viel Torgefahr aus wie der Nationalspieler.
Weil in Igor de Camargo und Raúl Bobadilla zwei starke Stürmer ausfielen und Mathew Leckie sowie Yuki Otsu noch lange keine gleichwertigen Alternativen für die Startaufstellung sind, fehlt der Borussia die Kreativität in der zweiten Reihe. Schon im Sommer hatte Favre vehement noch eine oder zwei Alternativen für die Offensive gefordert. Gut möglich, dass der Klub das zusätzliche Geld von mindestens 560 000 Euro im Winter in Neuverpflichtungen steckt.
In Heidenheim war es am Ende wieder einmal Torhüter Marc-André ter Stegen, der den Unterschied ausmachte. Zuerst hielt er die Gladbacher in der 79. Minute im Spiel, als er gegen Heidenheims Abwehrspieler Sandro Sirigu prächtig parierte. Später hielt er im Elfmeterschießen zwei Schüsse und ging als der gefeierte Held aus dem Spiel. „Wir wollten heute vor dem Tor manchmal zu viel. Gegen Hannover am Samstag müssen wir die Tore machen, wenn wir die Chancen dazu haben“, sagte der 19-Jährige vielsagend.