Borussia Mönchengladbach Sieg in Leverkusen zeigt neue Gladbacher Qualität
Leverkusen · Gladbach stand in Leverkusen stark unter Druck, verteidigt den Sieg und damit die Tabellenführung jedoch mit enormem Willen. Bei der Werkself hingegen wächst der Frust.
Die Fans von Borussia Mönchengladbach hatten ein feines Gespür. „Kämpfen und siegen", skandierten die in großer Zahl nach Leverkusen gereisten Anhänger gut eine halbe Stunde vor dem Abpfiff in ihren Blöcken auf der Südwest-Tribüne der BayArena. Wohlwissend, dass es für ihr Team angesichts schwindender Kräfte und des Dauerdrucks der Hausherren nur noch darum ging, den knappen Vorsprung ins Ziel zu bringen. Nach insgesamt 97 Minuten war es geschafft. Mit großem Einsatz, Moral und Willen verteidigten die "Fohlen" das 2:1 und behaupteten zum dritten Mal in Folge ihre Tabellenführung. „Das ist ein echter Arbeitssieg, wir waren am Anschlag und mussten alles raushauen", sagte Mittelfeldakteur Jonas Hofmann.
Vor der Pause war die Mannschaft von Trainer Marco Rose noch im Stile eines Spitzenreiters aufgetreten. In der 18. Minute brauchte Oscar Wendt nach feiner Einzelleistung des starken Marcus Thuram nur noch den Fuß hinzuhalten und auch das Leverkusener 1:1 von Kevin Volland (25.) warf die "Fohlenelf" nicht aus der Bahn. Am Ende eines herrlichen Spielzuges drückte Thuram den Ball nach 41 Minuten aus kurzer Distanz über die Linie. In der zweiten Hälfte jedoch geriet die Partie dann zur Abwehrschlacht.
„Der Kräfteverschleiss durch die englischen Wochen war nicht zu übersehen", sagte Rose. Zudem hatte seine Mannschaft gegenüber Bayer Leverkusen nach den Pokal-Spielen von unterhalb der Woche einen Tag weniger Pause gehabt. „Es war klar, dass wir Druck aushalten müssen", meinte Matthias Ginter. Der Verteidiger stand erstmals seit seiner am 6. Oktober erlittenen Verletzung an der Schulter wieder auf dem Platz und hatte Glück, dass sein Stellungsfehler in der 45. Minute nicht das 2:2 nach sich zog.
„Wir haben gezeigt, dass wir auch ein ekliger Gegner sein können"
Alario verzog freistehend, dazu musste Sommer zweimal gegen Bellarabi parieren (29./62.). Ansonsten aber konnte sich die Werkself trotz optisch klarer Dominanz sowie 13:0 Ecken kaum wirklich gefährlich vor das Gehäuse des Schweizers kombinieren. „Die Jungs haben den Gegner immer wieder schon früh in Stress versetzt, so konnte Leverkusen nur selten saubere Pässe spielen", erklärte Sportdirektor Max Eberl. Der Sieg war damit am Ende zwar glücklich, unverdient hingegen war er nicht.
„Es gehört dazu, in der Defensive alles richtig zu machen und ein Spiel auch mal durch Abwehr zu gewinnen", meinte Hofmann. Der 27-Jährige sieht in der an den Tag gelegten positiven Giftigkeit auch eine neue Qualität. „Das war heute kein schöner Sieg. Aber es ist uns ja immer vorgeworfen worden, dass wir es nicht drauf hätten, dreckig zu gewinnen. Heute haben wir gezeigt, dass wir auch ein ekliger Gegner sein können", sagte Hofmann und fügte hinzu: „Wenn es läuft, dann läuft man eben immer weiter."
Wohin aber kann Borussia Mönchengladbach in dieser Saison laufen? Der Vorsprung an der Tabellenspitze wurde auf drei Punkte ausgebaut, Meister Bayern auf vier Zähler distanziert. In München sicherten sich die "Fohlen" vor über 42 Jahren ihre fünfte und bisher letzte Meisterschaft. Die Fans träumen von einer sechsten, die Spieler bleiben sachlich. „Viermal in Folge Tabellenführer ist sicher keine Eintagsfliege mehr. Doch Anfang November lassen sich noch keine neuen Ziele formulieren", sagte Ginter.
„Die ersten 45 Minuten waren die schlechtesten seit ich hier bin"
Von denen hat sich die Werkself nach dem Abrutschen auf Platz zehn zunächst generell verabschiedet. „Wir müssen aufhören über Ziele zu reden und stattdessen unsere Arbeit erledigen", sagte Innenverteidiger Sven Bender und ergänzte: „Gladbach war sowohl vor unserem wie auch vor dem eigenen Tor gieriger." Torschütze Volland bemängelte, dass sich vor der Pause nicht an die Pläne gehalten worden sei und dies zu Kettenreaktionen geführt habe, die es dem Gegner leicht gemacht hätten.
„Ich bin sehr verägert. Die ersten 45 Minuten waren die schlechtesten seit ich hier bin", erklärte Trainer Peter Bosz ungewohnt offen. Der Frust sitzt tief, wie auch die mit rot geahndete Tätlichkeit von Bailey an Herrmann belegt. „Das ist dumm und unverständlich", sagte Bosz. Rechtsverteidiger Wendell machte bei beiden Gegentreffern den gleichen Fehler, dazu war die Werkself wie schon beim 0:3 in Frankfurt vor der Pause nicht fokussiert genug. "Nach der Pause ist es dann schwer, Spiele zu drehen", so Bosz.