Hochklassiges Spiel ohne Sieger - Gladbach 2:2 in Bremen

Bremen. Auf der Zielgeraden der Fußball-Bundesliga hat Borussia Mönchengladbach das Rennen um Tabellenplatz vier und das Ticket zur Champions-League-Qualifikationsrunde noch einmal spannend gemacht.

Die Gladbacher trennten sich am 30. Spieltag von Werder Bremen mit 2:2 (0:1) und sind somit seit vier Spielen sieglos. Der Vorsprung der Fohlen (53 Punkte) auf Verfolger VfB Stuttgart, die Mannschaft der Stunde, ist auf sieben Zähler geschmolzen.

Die Borussia lieferte allerdings im ausverkaufen Weserstadion eine starke Leistung ab, versäumte es jedoch, sich trotz Überzahl - Werders Boenisch sah früh die Rote Karte — und zahlreicher Torchancen mit dem ersten ersten Auswärtssieg in Bremen seit dem 21. März 1987 (7:1) zu belohnen. Werder kämpfte aufopferungsvoll gegen zeitweise famos kombinierende Fohlen, beide Mannschaften lieferten sich einen offenen Schlagabtausch, die 42 200 Zuschauer bekamen eine hochklassige und überaus unterhaltsame Partie geboten.

Fair geht vor! Werder präsentierte sich als guter Gastgeber, vor dem Anpfiff kamen Anhänger beider Mannschaften via Stadion-TV zu Wort, konnten sich zur sportlichen Situation ihrer Klubs äußern. Fohlen-Fans und Werder-Treue wurden immer wieder gemeinsam auf den großen Videowänden gezeigt. Das zeigte Wirkung: Auch während des Spiels herrschte eine prickelnde, jedoch allzeit friedliche und faire Stimmung. So gab es auch für die eine oder andere schöne Kombination der Gäste ein anerkennendes Kopf-Nicken im Werder-Lager.

Nach dem Schlusspfiff war Mike Hanke stinksauer. Der Borussen-Stürmer wollte kein Wort sagen, marschierte gleich in die Kabine. Dabei hatte Hanke eine tolle Partie abgeliefert und beide Treffer für die Fohlen-Elf markiert. Doch der Frust über den verpassten Auswärts-Sieg an der Weser saß so tief bei Hanke, dass er sich über seinen Doppelpack gar nicht freuen konnte. „Wir haben uns einfach zu blöd verhalten“, so Hankes Offensiv-Partner Marco Reus. Martin Stranzl ergänzte: „Das war ein verschenkter Sieg.“

Werder-Trainer Thomas Schaaf trat vor Wut in den Rasen, als Schiedsrichter Marco Fritz in der 27. Minute die Rote Karte zückte und Bremens Verteidiger Sebastian Boenisch vom Platz schickte. Fritz hatte Boenischs Foul gegen Borussias enteilten Flügel-Flitzer Patrick Herrmann als Notbremse gewertet. „Wir haben in dieser Saison schon einige unglückliche Entscheidungen gegen uns bekommen. Das war auch so eine, ich könnte eine Menge dazu sagen, aber wir können es nicht mehr ändern“, haderte Schaaf nach dem Abpfiff mit der Entscheidung des Unparteiischen. Aus Werder-Sicht hätte Boenisch nur die Gelbe Karte bekommen müssen, da noch ein weiterer Bremer Spieler neben Herrmann lief und Boenisch so nicht letzter Mann hätte sein können.

Beide Mannschaften drückten gleich von Beginn aufs Gaspedal und lieferten sich über 90 Minuten einen packenden Kampf. Die Gäste vom Niederrhein hätten nach einer Viertelstunde in der ausverkauften Arena allerdings schon klar führen müssen: Zunächst verzog Reus freistehend (7.), drei Minuten später musste Werder-Mittelfeldspieler Lukas Schmitz einen Kopfball von Roman Neustädter auf der Linie für seinen bereits geschlagenen Torhüter Tim Wiese klären.

Kurz darauf legte nach feiner Kombination über Nordtveit und Reus Mike Hanke seinem Team-Kollegen Patrick Herrmann mustergültig den Ball auf, doch dessen Schuss sauste wenige Zentimeter am Pfosten vorbei. Im Gegenzug dann die die kalte Dusche: Borussias Abwehrchef Dante leistet sich nach einem Pizarro-Pass einen Stellungsfehler, Rosenberg sagte Danke und lupfte die Kugel zum 1:0 für Werder (18.) ins Tor.

Im Anschluss ging es auf beiden Seiten mit Chancen fast im Minutentakt weiter. Pizarro, Reus, Dante vergaben. In der 27. Minute läuft Herrmann den Bremern davon, wird von Boenisch gefoult, der dafür die Rote Karte sieht. Kurz vor der Pause noch einmal eine gute Gladbacher Chance, doch der Konter über Reus und Herrmann endet erfolglos. Nach dem Seitenwechsel dominierte die Borussen gegen zehn Bremer weiterhin das Spielgeschehen und wurde schließlich für ihre Bemühungen belohnt: Der starke Mike Hanke drehte per Doppelpack (52./67.) die Partie zur verdienten 2:1-Führung.

Dass es am Ende dennoch nicht zu einem Sieg für die Gladbacher reichte, lag nicht nur an den toll kämpfenden Bremern, sondern auch an einigen Mängeln in Borussias Defensiv-Arbeit. In der 55. Minute konnte ter Stegen mit einer Glanztat gegen Claudio Pizarro das noch ausbügeln, einige Augenblicke später war der Keeper bei einem Schrägschuss von Rosenberg erneut zur Stelle. Die Gladbacher hätten also gewarnt sein müssen. Vorne drückten sie gewaltig, wurden aber bei einer Standardsituation von Werder kalt erwischt. Naldo (74.) köpfte den überraschenden Ausgleich zum 2:2. Beinahe hätte Pizarro (81.) sogar noch das 3:2 erzielt, doch VfL-Verteidiger Roel Brouwers klärte in höchster Not mit einer tollen Grätsche.

Kurz vor dem Abpfiff hatten dann die rund 5000 Gladbach-Fans im Weserstadion den Siegschrei schon auf den Lippen. Konter über Marco Reus, der schickte den kurz zuvor eingewechselten Ring auf die Reise — doch der satte Schuss des völlig frei vor Wiese stehenden Finnen klatschte begleitet von einem dumpfen Knall nur gegen die Latte. Vorbei — beide Mannschaften trennten sich nach einem atemberaubenden Bundesliga-Spiel 2:2-Unentschieden. Am Sonntag dürfte es für die Fohlen-Elf wohl ähnlich turbulent weitergehen. Dann ist der abstiegsbedrohte Erzrivale 1. FC Köln zu Gast im Borussia-Park.