Mönchengladbach. "Was erlauben Struuuunz" - die knapp dreiminütige Wutrede des früheren Bayern-Trainers Giovanni Trappatoni anno 1998, in der er sich bei einer Pressekonferenz über das Gebaren der Starspieler Basler, Strunz und Scholl aufregte, ist legendär. Neun Jahre später trat Gladbachs Trainer Jos Luhukay in seine Fußstapfen. Nicht ganz so temperamentvoll, dafür geschliffener. Während Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld nach dem 1:1 des Rekordmeisters die barsche "Abrechnung" mit den "Scheiß-Millionären" den Münchener Anhängern überließ, hatte der Trainer der Gladbacher noch lange nicht fertig, um im Jargon des Trapattonischen Monologs zu bleiben. Total enttäuscht von einem fürwahr beschämenden Auftritt seiner Mannschaft im ersten Durchgang, ließ Luhukay Dampf ab und ging schonungslos mit seinen Spielern um.
Luhukay: Ich lasse mich nicht von einem Insua blenden
"Ich fühle mich im Stich gelassen von meiner Mannschaft. Ich habe keine Bereitschaft und kein Engagement gesehen. Kein Spieler ist in der ersten Hälfte an seine Grenzen gegangen. Als hätte der eine oder andere schon mit Borussia abgeschlossen." Ende der Eruption? Mitnichten. "Ich könnte verrückt werden. Da sind 54 000 Fans im Stadion, fantastische Fans. Alles passte, das Ambiente war wunderbar, und dann ein solches Spiel. Ich bin maßlos enttäuscht und habe jetzt endgültig ein Bild. Ich lasse mich nicht blenden von einem Federico Insua und anderen. In der zweiten Liga brauchen wir Spieler, die sich konstant engagieren, die Herz und Leidenschaft zeigen. Ich verspreche, die werden wir finden." Erst als Jos Luhukay nach einer Standpauke in der Kabine den jungen Marko Marin (18) einwechselte, ging ein Ruck durch die Reihen. Borussia Mönchengladbach, anfangs ohne Mumm und Moral, plötzlich voller Schwung und Begeisterung, bezahlte von Minute zu Minute die Schulden zurück, die sie ihrem Publikum vor dem Wechsel aufgebürdet hatten - und wurden durch Kluges Ausgleichstor belohnt. "Marin ist einer, mit dem ich fest plane", sagt Luhukay, "er ist frech, unbekümmert, positiv. Und wie hat er sich über seine Einsatzzeit gefreut. Er war überglücklich, dass er gegen die Bayern spielen durfte." Solche Typen - dazu gehören auch Lamidi, Compper, Fleßers oder Levels - suchen Luhukay, Sportdirektor Christian Ziege und die Gladbach-Scouts händeringend.
Marcell Jansen fordert ein Gespräch mit der Klubführung
Und der FC Bayern, die ewige Nummer eins? Nach 20 Meisterschaften und 13 Pokalsiegen gehen die Münchener ausnahmsweise einmal leer aus. Zeit für einen Neuanfang? In deren Planungen spielt auch Gladbachs dynamischster Spieler Marcell Jansen (Vertrag bis 2009) eine wichtige Rolle. "Jeder deutsche Nationalspieler ist für uns interessant", sagte Trainer Otmar Hitzfeld nach der 80. Auflage des Klassikers der Bundesliga, die als eine der unspektakulärsten in die Geschichte beider Vereine eingehen wird. Und auch Jansen sprach es erstmals öffentlich aus: "Die zweite Liga ist für mich nicht förderlich. Ich will einen Schritt nach vorn tun." Sprach’s und machte seine gehobenen Ansprüche unmissverständlich deutlich: "Ich höre immer nur der Marcell hat Vertrag bis 2009. Ansonsten sprechen die nicht mit mir. Ich erwarte da ein bisschen mehr."