Klassiker ohne Glanz: Bayerns „Vollgas“-Endspurt

München (dpa) - Der Lack ist ab beim „Klassiker“. Bayern München kann sich in einer titellosen Saison mit dem scheidenden Trainer Louis van Gaal nur noch um Schadensbegrenzung in Form eines Champions-League-Platzes bemühen.

Und bei Borussia Mönchengladbach sind die Lichter im Abstiegskampf fast schon aus.

Die Bayern können keine Rücksicht auf den großen Titelrivalen der 70er-Jahre nehmen. „Unsere Tabellensituation erlaubt nichts anderes als einen Sieg gegen die Borussia“, betonte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vor dem „alten Bundesliga-Klassiker“ am Samstag.

Der 28. Spieltag soll zum Bayern-Spieltag werden. Der zwei Punkte besser platzierte Champions-League-Konkurrent Hannover 96 muss beim Spitzenreiter Borussia Dortmund antreten. Gewinnen die Niedersachsen nicht, würden die Münchner bei einem eigenen Heimsieg auf Platz drei vorrücken. Eine verlockende Aussicht, auch wenn van Gaal abwiegelte: „Wir müssen am letzten Spieltag Zweiter oder mindestens Dritter sein. Jetzt ist das nicht interessant.“ Nationalspieler Thomas Müller versprach noch „sieben Spiele Vollgas“. Um den um sieben Zähler enteilten Tabellenzweiten Leverkusen einzuholen, muss den Bayern eine Siegesserie gelingen.

Solange die Münchner auf Platz vier herumdümpeln, müssen sie sich auch mit möglichen Konsequenzen einer Strafrunde in der Europa League auseinandersetzen. Robben, Ribéry, Lahm - kein Bayern-Star hat „Bock“ auf eine Europa-Tour zweiter Klasse. Rummenigge versuchte am Freitag, mit einem Machtwort via „Bild“-Zeitung die andauernden Spekulationen um einen möglichen vorzeitigen Abschied von Arjen Robben zu beenden.

„Eines ist zu hundert Prozent sicher: Arjen Robben wird auch nächste Saison beim FC Bayern spielen - egal was passiert“, erklärte Rummenigge. Robben selbst verweigert ein Bekenntnis auch für den schlimmsten Fall. „Ich habe keine Lust, in der Europa League zu spielen“, wiederholte der 27-Jährige, dessen Vertrag bis 2013 läuft.

Die Zukunftssorgen der Gladbacher sind erheblich größer. An eine Wende im Abstiegskampf ausgerechnet in München glaubt ernsthaft wohl niemand. „Wir haben nichts zu verlieren. München ist die derzeit vielleicht beste Mannschaft“, sagte Trainer Lucien Favre und mahnte: „Wir müssen mit viel Intelligenz gegen Franck Ribéry und Arjen Robben verteidigen.“ Klassiker hin oder her, auch in den Glanzjahren gab es für die Borussia praktisch nichts zu holen in München: Ein einziger Sieg mit Stefan Effenberg als Anführer am 14. Oktober 1995 (2:1) steht zu Buche - dazu 32 Niederlagen und neun Unentschieden.

Favre ließ offen, ob Belgiens zuletzt patzender Nationalkeeper Logan Bailly oder Ersatzmann Christofer Heimeroth im Tor stehen wird. Der verletzte Torjäger Igor de Camargo fällt definitiv aus. Bei den Bayern muss Trainer van Gaal wieder einmal die Abwehr umbauen, weil Daniel van Buyten mit einem Muskelfaserriss vom Länderspiel mit Belgien nach München zurückkehrte. „Das ist schade“, äußerte van Gaal, der einen „sehr verteidigend spielenden“ Gegner erwartet.

Ob am Samstag unter den Zuschauern Nostalgie in der ausverkauften Münchner Arena aufkommen wird? Bestimmt bei Rainer Bonhof, Gladbachs Weltmeister von 1974, heute Vizepräsident beim Tabellenletzten: „Aus der Tradition und der Vergangenheit heraus ist das Duell immer noch ein Klassiker“, erklärte Bonhof. Aber keiner auf Augenhöhe: „Es wäre schön, wenn es ein offenes Spiel wird“, meinte der Star von gestern.