Lucien Favre: „Handspielregel ist katastrophal“

Gladbach verliert mit 2:4 in Leverkusen, und Trainer Lucien Favre sagt: „Diese Regel schadet der Liga.“

Leverkusen. Lucien Favre hatte seine Arme durchgestreckt, beide Hände hinter seinem Rücken verschränkt. „Versuchen Sie einmal so zu laufen oder hochzuspringen.“

Borussias Cheftrainer war erbost, spielte mit seiner Geste auf die Szene an, die das 4:2 (2:0)-Spektakel im Derby zwischen Bayer Leverkusen und seinen Gladbachern richtig ins Rollen gebracht hatte.

Borussias Arango hatte ein Handspiel begangen — allerdings ohne den Ball überhaupt sehen zu können. Bayer-Verteidiger Ömer Toprak köpfte im Rücken Arangos das Spielgerät gegen dessen nach oben gereckten Arm. Schiedsrichter Felix Brych entschied auf Strafstoß, den Stefan Kießling (23.) verwandelte.

„Diese Handspielregel ist katastrophal. Die Regel muss fair sein“, echauffierte sich Favre über das nicht neue Hand-Problem. „Das schadet der Liga.“ Favre stellte die Frage: „Wer hat diese Regel so gefordert?“

Sie überfordere offensichtlich alle Beteiligten. Längst erregt die „Grauzone“ im Regelwerk die Gemüter club-übergreifend. Bei Trainern und Spielern herrscht Verunsicherung, die Praxis zeigt, dass Handspiele im Strafraum unterschiedlich von den Unparteiischen bewertet werden.

Favres emotionales Plädoyer für eine Regeloptimierung ist unabhängig vom Fall Arango daher begründet.

Die Gladbacher nutzten die leidige Hand-Thematik allerdings nicht als Vorwand, um damit ihren kollektiven Systemabsturz in der Bayer-Arena zu rechtfertigen. „Wir haben nicht wegen des Elfmeters verloren“, sagte Favre. Sicher, das 1:0 spielte Leverkusen in die Karten, die Werks-Elf konnte im Anschluss in den Kontermodus schalten.

Von der Leichtfüßigkeit samt Durchschlagskraft, mit der die Fohlen davor noch Hannover spielend zerlegt hatten, war im Derby vor allem in Durchgang eins nichts zu sehen. Die Versuche, Leverkusens Defensive nur mit spielerischen Mitteln und ohne Flanken auszuhebeln, verpufften zunächst wirkungslos.

Dazu wackelte die Defensive mehrfach bedenklich. Dass es zur Pause nur 0:2 (Sam, 28.) stand, war in erster Linie Leverkusener Nachlässigkeiten im Abschluss zu verdanken.

Borussia gelang jedoch nach dem Seitenwechsel der Neustart. Plötzlich funktionierte Favres Flachpass-Spielsystem. Mit einem Doppelschlag binnen drei Minuten schufen Stranzl (54.) und Arango (57.) ausgeglichene Verhältnisse.

„Da habe ich gedacht, wir können das Spiel sogar noch gewinnen“, gestand später Patrick Herrmann. Doch zu euphorisch wurde auf das dritte Tor gestürmt, dem Gegner im Mittelfeld so naiv Platz zum Kombinieren gelassen — was Bayer im Stil einer Spitzenmannschaft mit zwei sehenswerten Kontertreffern durch Sam (60.) und Castro (72.) eiskalt bestrafte.

„Wir wussten, dass wir ein zackiges Auftaktprogramm haben“, sagte Verteidiger Martin Stranzl. „Aber wir müssen ehrlich sein. Uns fehlt noch die Cleverness, die Abgezocktheit.“