Vom Staatschef protegiert So machte Erdogan Gladbachs nächsten Gegner Basaksehir zum Top-Verein
Mönchengladbach · Basaksehir FK wird vom türkischen Staatschef protegiert. Doch der Verein wird alles andere als anarchisch geführt.
Die Fans, welche Borussia Mönchengladbach am Donnerstag zum ersten Auswärtsspiel in der Europa League nach Istanbul begleiten, sollten in ihre Planungen große Zeitpuffer einrechnen. Das Stadion von Basaksehir FK liegt rund 25 Kilometer nordwestlich des Stadt-Zentrums und die Verkehrssituation in der 15-Millionen-Einwohner-Metropole am Nordufer des Marmarameeres ist zumeist eine zähe Angelegenheit. Mit dem Taxi kann da schnell eine knappe Stunde an Fahrzeit zusammen kommen. Die preiswertere Alternative mit öffentlichen Bussen dauert doppelt so lang.
Im Vergleich dazu ist der Aufstieg von Basaksehir FK mehr als rasant gegangen. Erst 1990 sind die Blau-Orangen als Verein der Stadtverwaltung unter dem Namen Istanbul BB gegründet worden, 2014 erfolgte die Umbenennung in Basaksehir FK. Seither geht es steil bergauf und nicht wenige türkische Fußball-Fans wittern dahinter politisch gewolltes Machtwerk. Unstrittig ist, dass Basaksehir FK der Lieblingsclub des umstrittenen Präsidenten Recep-Tayyip Erdogan ist und das dies natürlich auch eine Reihe von persönlichen Verflechtungen mit sich gebracht hat.
Auch der finanzielle Kollaps der Traditionsvereine hat Basaksehir geholfen
So gehört die seit 2015 als Hauptsponsor fungierende Krankenhauskette "Medipol" mit Fahrettin Koca dem Gesundheitsminister des Landes, der überdies als Leibarzt der Familie Erdogan gilt. Auch andere Großsponsoren wie das mit dem Bau des neuen Fatih-Terim-Stadions beauftragte Bauunternehmen weisen eine Nähe zur Regierungspartei AKP auf. Überdies ist eine Nichte von Staatschef Erdogan mit Basaksehir-Präsident Göksel Gümüsdag verheiratet. Da liegt der Verdacht schon auf der Hand, dass der Retortenverein durch die politischen Mächte gewaltig protegiert wird.
Allerdings ist dies nur die halbe Wahrheit. Zu der gehört auch, dass der Aufstieg von Basaksehir FK mit zwei zweiten sowie einem dritten Platz in den vergangenen drei Jahren der Krise der drei Istanbuler Traditionsclubs Galatasaray, Fenerbahce und Besiktas geschuldet ist. Im Kampf um Ehre und Ruhm haben sich die großen Drei gegenseitig an den Rand des wirtschaftlichen Ruins getrieben, aktuell beläuft sich der Schuldenstand des Trios laut "kicker" auf rund 1,4 Milliarden Euro. Die Verträge mit den ausländischen Spielern laufen in Dollar und Euro, Einnahmen aber werden nur in der stark abgewerteten Lira generiert.
Zukünftig soll die eigene Jugend-Arbeit Früchte abwerfen
Weil Spieler ob ausstehender Gehälter daher die Flucht ergriffen haben, konnte sich Basaksehir etablieren. Denn wo bei den anderen oft ein cholerischer Präsident Wohl und Wehe bestimmt, arbeitet der Verein von Präsident Göksel Gümüsdag mit professionellen Strukturen sowie klaren Verantwortungen. Der 46-Jährige gilt als ruhig und geduldig, Kontinuität wie Nachhaltigkeit sind für ihn wichtiger als übertriebener Aktionismus. ,,Es bringt nichts, kurzfristig Erfolg zu haben und ein Jahr später bankrott zu gehen", sagt Gümüsdag.
So ist die Infrastruktur - wenngleich sicher auch dank Erdogan - topmodern. Zudem wird Wert auf die in der Türkei zumeist sträflich vernachlässigte Jugend-Ausbildung gelegt, wofür in Kürze ein Nachwuchsleistungszentrum nach Vorbild der deutschen Bundesliga errichtet werden soll. Bis dies Früchte trägt, wird es freilich noch einige Zeit dauern. So lange müssen es Altstars wie Robinho (35), Demba Ba (34), Eljero Elia (32) oder der vom FC Barcelona ausgeliehene Arda Turan (32) richten. Der Mittelfeldspieler hat jüngst geheiratet und dreimal dürfen Sie raten, wer sein Trauzeuge war. Richtig - natürlich Recep-Tayyip Erdogan...