2:9-Debakel: Jarchow droht HSV-Profis mit Konsequenzen

Hamburg (dpa) - Nach der 2:9-Blamage in München hat Clubchef Carl Edgar Jarchow Klartext gesprochen und den Fußball-Profis des Hamburger SV offen mit Konsequenzen gedroht.

„Die Mannschaft hat total in sich versagt, und zwar alle zusammen. Es bleibt festzuhalten, dass das, was in München passiert ist, einer Bundesliga-Mannschaft nicht würdig war, eines HSV nicht würdig war“, stellte der Vorstandsvorsitzende am Tag nach dem Oster-Debakel fest. Nach der an Arbeitsverweigerung grenzenden Vorstellung des als „Hilfloser Sport-Verein“ verspotteten Traditionsclubs HSV will er nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

„Aus diesem Spiel werden wir sicher unsere Schlüsse ziehen und die werden uns sicher auch beeinflussen beim Fazit am Ende der Saison“, drohte Jarchow seinen beim ostersonntäglichen Straftraining von einigen Fans Versager genannten Profis konsequentes Durchgreifen an.
„Der Trainer muss nicht gehen. Wir haben einstimmig entschieden, mit ihm weiterzumachen. Er wird auch gegen Freiburg und noch länger auf unserer Bank sitzen“, stellte Jarchow bei „bild.de“ klar. Vor allem das Zustandekommen der Pleite, mit der der HSV seinen Negativrekord von 1964 (2:9 bei 1860 München) einstellte, erregte ihn: „Das ist ein Schaden, der uns noch eine Weile begleiten wird.“

Eine „Langzeitwirkung“ fürchtet auch Willi Schulz. „Das ist ein Hieb, der ganz sicher nachhaltig sein wird. Solche Erlebnisse bleiben im Hinterkopf hängen“, sagte das HSV-Idol der Nachrichtenagentur dpa am Ostermontag. Gravierend sei, dass „nun in der Öffentlichkeit Hohn und Spott dazu“ komme, weiß Schulz, der 1967 mit dem HSV in Dortmund auch mal 0:7 verlor. Jetzt verbal auf die HSV-Spieler einzuschlagen, sei aber „völlig verkehrt“. Schulz: „Die wissen, dass sie neun Dinger gekriegt und Mist gebaut haben. Nun gilt es, sie wieder aufzubauen“.

Das plant notgedrungen auch Trainer Thorsten Fink, der nach der Rückkehr am Ostersonntag ein Extratraining ansetzte. „Ich muss und werde meine Mannschaft wieder aufbauen, damit wir beim nächsten Spiel gegen Freiburg eine richtige Reaktion zeigen“, kündigte Fink an.

Immerhin zeigten die HSV-Spieler Reue und versuchten gar nicht erst, ihren unterirdischen Auftritt schönzureden. Um den Schaden zu
begrenzen, suchen sie den schnellen Schulterschluss mit den eigenen Anhängern. Von denen hatten sich allein 8000 gen München aufgemacht hatten und kamen entsprechend aufgebracht nach Hause. Man wolle sich bei den Fans für „das „unwürdige Auftreten entschuldigen“, betonte Torhüter René Adler. Die Mannschaft lädt alle Anhänger am 20. April nach dem Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf zum gemeinsamen Grillen ein und übernimmt sämtliche Kosten für Essen und Getränke. Adler: „Wir möchten uns stellen, Rede und Antwort stehen, auf die Fans zugehen.“

Am Samstag gegen den SC Freiburg soll nun „ein ganz anderer HSV“ zu sehen sein. „Wir müssen eine Reaktion zeigen und den Fans was zurückzahlen“, fordert Fink. Der ehemalige Bayern-Profi hatte bei keinem HSVler 20 Prozent seiner Leistung ausgemacht. „Für mich ist der heutige Tag einer der schwärzesten der HSV-Geschichte, es tut mir leid für die Fans“, bekannte Kapitän Heiko Westermann nach der „historischen“ Pleite: „Ich schäme mich, dabei gewesen zu sein.“

Völlig wehrlos ergab sich der stolze Traditionsclub der Münchner Fußball-Übermacht. Allein der bei allen neun Gegentoren machtlose Nationaltorwart Adler sorgte mit einigen guten Paraden dafür, dass die Pleite nicht zweistellig ausfiel. „Auswärtssieg, Auswärtssieg“, schallte es aus dem Stadion-Eck mit den bemitleidenswerten HSV-Fans.

Sie flüchteten sich notgedrungen in Galgenhumor, als Jeffrey Bruma und Westermann zum 1:8 und 2:9 trafen. Der Niederländer ist einer der wenigen HSV-Profis, den die von Jarchow in Aussicht gestellten Maßnahmen treffen könnte. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen in München vorgeführten Spielern kann Bruma noch kein Arbeitspapier für die kommende Saison vorweisen. Und dass der HSV, der auch nach München immer noch Chancen auf einen Platz im internationalen Wettbewerb hat, diesen auch erreicht, ist kaum zu fassen. „Wir können von Glück sagen, dass wir 38 Punkte haben“, stellte Westermann klar. „Sich nach so einem Spiel aufzurichten, wird schwer genug.“