Abstiegsangst im Norden: HSV und Werder im Sinkflug
Hamburg (dpa) - Wenn die Verzweiflung groß und die Lage hoffnungslos ist, dann schreien die Werder-Fans gerne: „Scheiß HSV.“ Auch umgekehrt gehören die Bremer zu den liebsten Feindbildern der Hamburger Fußball-Anhänger.
Gegenseitig wünschen sie sich den Abstieg in die 2. Liga - und ausgerechnet vor dem 100. Nord-Derby kämpfen beide auch verzweifelt um den Klassenverbleib. „Es geht für beide Clubs nur noch darum, sich nach unten abzusichern“, stellte HSV-Legende und Fußball-Idol Uwe Seeler trefflich fest. Und ließ via „Bild“ wissen: „Ich drücke die Daumen, dass beide drinbleiben. HSV und Werder gehören in die Bundesliga.“
Dabei liegen die schönen Zeiten gar nicht so weit zurück. Knapp sechs Jahre ist es her, dass Werder Bremen und der Hamburger SV gemeinsam in der europäischen Spitzenklasse spielten. Als Zweiter und Dritter der Bundesliga durften die beiden Nordclubs auf europäischer Ebene antreten und Millionen kassieren.
Vor fünf Jahren noch elektrisierte die Fußball-Fans im ganzen Land eine Serie von vier Nord-Derbys innerhalb von nur 19 Tagen. In zwei dieser Partien ging es damals um den Einzug ins Finale des UEFA-Cups, in einer Begegnung um das Erreichen des DFB-Pokal-Endspiels. Doch davon sind beide Clubs inzwischen weit entfernt.
Der schleichende Niedergang hat sich vielmehr in der neuen Saison verstärkt. Und das, obwohl zumindest beim HSV Verantwortliche wie der damalige Coach Thorsten Fink und auch Clubchef Carl Edgar Jarchow vor der Saison noch vom internationalen Wettbewerb geträumt hatten. Doch es ging stattdessen sportlich bergab, und wie so oft wurden die Trainer gewechselt. Außer Fink, der schon das 99. Nord-Derby nicht mehr als HSV-er erlebte, saßen in dieser Saison bisher schon Interimscoach Rodolfo Cardoso sowie Bert van Marwijk und nun Mirko Slomka als Cheftrainer Nummer zwei und drei auf der HSV-Bank.
„Ich bin froh, beim richtigen Nordverein zu sein“, spottete Werder-Coach Robin Dutt Anfang dieser Woche. „Die Situation ist ähnlich, aber hier darf man seine Arbeit etwas anders absolvieren.“ Tatsächlich geht es in Bremen auch nach dem Ende der Schaaf-Ära ruhiger zu. Doch bei einer Niederlage gegen die ungeliebten Hamburger dürfte es auch für Dutt ungemütlich werden.
Große Ansprüche hatten die Bremer, die innerhalb von sieben Jahren sechsmal in der Champions League gespielt hatten, vorsichtshalber gar nicht erst formuliert. Dutt sprach immer wieder von einer „schweren Saison“. Wie schwer sie wirklich ist, scheint ihm allerdings erst im Laufe des Spieljahres deutlich geworden zu sein. Durch das oft erschreckende Geschehen auf dem Platz wirkt auch Dutt inzwischen reichlich desillusioniert.
Beim letzten Liga-Dino HSV ist als Ziel allein der Erhalt der Erstklassigkeit geblieben. Und die Hoffnung heißt Slomka. Nach acht Pflichtspiel-Pleiten in Serie und dem Absturz auf Abstiegsrang 17 war die Engelsgeduld mit dem glücklosen van Marwijk vorbei. Slomka kam, ging frisch ans Werk, änderte vieles und leitete mit dem 3:0 gegen Borussia Dortmund zumindest die Wende ein. „Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen“, betonte er. Für den HSV am besten gleich im Nord-Derby.