Alles auf null in Köln - Neubesinnung in der 2. Liga

Köln (dpa) - Der 1. FC Köln trauert. Der Verein, sein neues Präsidium, Profis und Fans versinken in Abstiegsdepression. Die Chaos-Saison 2011/12 endete nach dem 1:4 (0:1) gegen Bayern München mit dem fünften Sturz in die Zweitklassigkeit und hinterlässt Ratlosigkeit.

Der künftige Arsenal-Profi Lukas Podolski kehrt seiner großen Liebe zum zweiten Mal den Rücken, der Kader wird sich bei Umsatzeinbußen von 30 Prozent nicht halten lassen, die sofortige Rückkehr in die Eliteklasse ist mehr als fraglich.

Interimstrainer Frank Schaefer macht nicht weiter, ein Nachfolger für den glück- und erfolglosen Aushilfs-Chefcoach ist nicht in Sicht, ebenso wenig ein Sportdirektor. Immerhin: Das neue Präsidium mit Werner Spinner, Toni Schumacher und Markus Ritterbach will gemeinsam mit dem Gesellschafterausschuss „mit klarem Kopf über weitere Schritte beraten“, so der frühere Leverkusener Bayer-Vorstand Spinner. „Der Club steht vor enormen Herausforderungen.“

Auch, weil unter seinem Vorgänger Wolfgang Overath und nach dessen Rücktritt im November 2011 alles schiefging, was schiefgehen konnte. „Insbesondere in der Rückrunde haben wir in der Gesamtsituation auf dem Platz und zum Teil neben dem Platz leider die Performance eines Absteigers gezeigt und sind bitter bestraft worden“, bilanzierte Claus Horstmann, als Vorsitzender der Geschäftsführung mitverantwortlich für die fatale Entwicklung.

Das mit viel interner Euphorie installierte sportliche Führungsduo Stale Solbakken/Volker Finke scheiterte, das Profiteam zeigte sich speziell in Gestalt von Alkoholsündern wie Miso Brecko und Slawomir Peszko partiell höchst unprofessionell, Michael Rensing wurde ungewollt zur Schießbudenfigur: 75 Gegentreffer und 20 Niederlagen sind höchst bedenkliche Negativwerte, dem Keeper standen mehr als einmal beim Marsch Richtung Kabine Tränen in den Augen.

Wie geht es weiter? Horstmann will nicht hinschmeißen: „Das ist nicht mein Weg.“ Stattdessen will er angesichts der „bitteren und enttäuschenden Gesamtsituation“ mit „klarem Blick, harter Arbeit und den richtigen Entscheidungen nach vorne“ eine umfassende Neuausrichtung gestalten. Und das nicht mit dem ultimativen Vorhaben des sofortigen Wiederaufstiegs - das deutete auch Präsident Spinner an: „Wir bitten für diese Arbeit um Zeit und Geduld.“

Das ist dringend nötig. Denn ein Neuaufbau und das Neubesinnen auf die Jugendarbeit (Spinner: „Wir werden auf den Nachwuchs setzen“) sind nicht leicht. Angebote für aktuelle Spieler gibt es wohl nicht, zudem sind elf Profis verliehen und stehen de facto vom 1. Juli an wieder auf der Gehaltsliste - ein krasser Überhang. Da sind die etwa zwölf Millionen Euro, die Podolskis Transfer zum FC Arsenal in die schwindsüchtige Kölner Kasse spült, mehr als willkommen.

Sie müssen fast alles neu machen am Geißbockheim. Horstmann: „Wir brauchen eine sportliche Doppelspitze, die sowohl sportliche Kompetenz und Kontinuität verkörpert, aber auch Teamfähigkeit und Professionalität im Umgang miteinander“ - deutlicher hätte nachträgliche Kritik am geschassten Trainer- und Managergespann Solbakken/Finke kaum ausfallen können.

Horstmann weiter: „Und natürlich brauchen wir eine Mannschaft, die neu komponiert werden muss. Eine Mannschaft, die das zeigt, was leider insbesondere in der Rückrunde zu oft vermisst wurde. Es gab in der Rückrunde zu viel Unruhe. Und in zu vielen Fällen war sie selbst gemacht.“ Die schlimme Bilanz von 12:40 Toren und nur zwei Siegen im EM-Jahr spricht Bände. Das sei „ein brutales Gefühl“, sagte Schaefer, der als interner Kandidat auf den Posten des Sportdirektors gilt.

Trainernamen werden schon gehandelt. Holger Stanislawski, Jos Luhukay, Mike Büskens - alle blieben unkommentiert, weil der FC endlich einmal mit Ruhe und Sachlichkeit entscheiden will. „Es geht nicht darum, irgendwelche Wunderpräsentationen zu zeigen und schnelle Personalthemen aus der Tasche zu ziehen“, meinte Horstmann. Stattdessen soll die Aufgabe gelöst werden, „einen eine gemeinsame Vision verfolgenden FC aufzubauen, der die Zukunft leistungsstark gestalten kann“.