Alles oder Nichts für Schalke

Gelsenkirchen (dpa) - Die Horror-Vision von Schalke-Manager Horst Heldt könnte Wirklichkeit werden. Wenn die Königsblauen auch die Europa League verpassen, müssen die hoch bezahlten Fußball-Knappen in der nächsten Saison zum Geldverdienen über die Dörfer tingeln.

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„Jetzt ist es wichtig, in diesen Wettbewerb reinzukommen. Es ist besser, als viele Freundschaftsspiele zu bestreiten“, sagte Heldt nach dem 0:0 gegen den SC Freiburg, mit dem sich das Thema Champions League praktisch erledigt hat. „Klar ist aber auch: In dieser Form ist die Europa League überhaupt nicht gesichert. Das war zu pomadig.“

Auch Aufsichtsratschef Clemens Tönnies war verärgert („Es hat alles gefehlt!“) und kündigte nach der schlechtesten Rückrunde seit 22 Jahren Konsequenzen an. „Wir werden uns von Spielern trennen, die nicht laufen wollen. Der Kader wird in der nächsten Saison stärker sein“, erklärte er am Sonntag im „Doppelpass“ des TV-Senders Sport1. Chefcoach Roberto Di Matteo nahm er von der Kritik aus. Er lobte ihn als „guten, strukturierten Trainer, der bienenfleißig arbeitet“.

Tönnies hofft für den Neustart in der nächsten Saison auf Weltmeister Sami Khedira von Real Madrid. „Ich habe eine gute Meinung von ihm. Manager Heldt und sein Berater sollen versuchen, eine tragfähige Lösung mit einer tragbaren Summe zu finden“, sagte er.

Neues Personal täte Schalke sicher gut. Der Auftritt des Bundesliga-Fünften gegen den Abstiegskandidaten war ein weiteres Zeugnis des spielerischen Niedergangs: 270 Minuten gelang kein Tor mehr, in elf Rückrundenspielen nur neun Treffer und seit vier Partien kein Sieg mehr. „Wir müssen definitiv mehr nach vorne machen, um Spiele zu gewinnen“, meinte Di Matteo und wirkte eher ratlos.

Bei seinem Amtsantritt im Oktober 2014 hatte er Stabilität in der Defensive verordnet, jetzt ist der Angriff die Problemzone. Festzumachen an der Ladehemmung der beiden Topstürmer. Klaas-Jan Huntelaar traf seit 1008 Minuten nicht mehr, Eric Maxim Choupo-Moting seit 900 Minuten. „Stürmer leben halt von Toren“, stellte dazu Di Matteo wenig aufschlussreich fest. „Wenn man eine gewisse Zeit kein Tor schießt, gibt das im Kopf etwas zu bedenken.“

Die Schalke-Fans reagieren entsprechend. Nach der Nullnummer pfiffen sie ihr Team wütend aus. „Wir haben vieles vermissen lassen: Spielfreude, Leichtigkeit, Aggressivität“, sagte Kapitän Benedikt Höwedes. Glück hatte der zurzeit attraktionsfreie Revierclub, dass der SC Paderborn gegen den Europacup-Rivalen FC Augsburg (2:1) gewann und damit zumindest der Verbleib auf Platz fünf gesichert war.

Hoffnung auf Besserung im Liga-Endspurt geben die Comebacks von drei Langzeitverletzten. Sead Kolasinac kehrte nach fast acht Monaten, Jefferson Farfán nach gut einem Jahr in die Startelf zurück. Nach 162 Tagen durfte auch Weltmeister Julian Draxler nach auskuriertem Sehnenabriss im Oberschenkel für 14 Minuten mitwirken. „Für mich persönlich war das Spiel ein Erfolgserlebnis“, sagte der 21 Jahre alte Mittelfeldspieler, der über das Remis jedoch enttäuscht war.

Auch die Freiburger haderten. Die Chance zum dritten Sieg in Serie vergab Julian Schuster, der einen Foulelfmeter über das Tor schoss (58.). „Es ist nicht die beste Woche für mich, was Elfmeter angeht - hinten wie vorne“, sagte Schuster. Vier Tage zuvor hatte er beim Pokal-Aus in Wolfsburg (0:1) den entscheidenden Strafstoß verursacht.

„Ein Punkt auf Schalke ist okay. Damit haben wir nur einen kleinen Schritt gemacht, zu sicher dürfen wir uns nicht sein“, warnte Freiburgs Torwart Roman Bürki. Vor den letzten sechs Saisonspielen stehen die Freiburger zwei Punkte vom Relegationsplatz entfernt auf Rang 14. „Es wird ein gnadenloser Kampf bis zum letzten Spieltag“, sagte SC-Trainer Christian Streich.