Bayern makellos vor Barca-Spiel - bis auf Neuers Patzer
Hannover (dpa) - Jupp Heynckes verzog keine Miene. Trotz des peinlichen Patzers von Manuel Neuer wollte der Bayen-Trainer vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona keine Torwart-Diskussion führen.
„Überragend“ nannte er Neuers Leistung beim 6:1 (3:0) bei Hannover 96. Dabei schenkte der schwächelnde Keeper den Gastgebern mit einem kapitalen Fehler den unnötigen Ehrentreffer und sorgte bei einer sonst makellosen Vorstellung für einen deutlichen Schönheitsfehler. Geschickter umschiffte der Fußball-Lehrer nach der besseren Trainingseinheit gegen die überforderten Hannoveraner die Fragen nach der Steueraffäre von Präsident Uli Hoeneß.
Barcelona kann kommen - so lautete das Fazit eines amüsanten Bundesliga-Nachmittags, bei dem der deutsche Meister sich warm schoss und seine Rekordjagd fortsetzte. Mario Gomez (40./62.) und Claudio Pizarro (71./86) bewarben sich dabei mit ihren Doppelpacks für die vakante Mittelstürmer-Position in der Partie gegen Lionel Messi und Co. Zuvor hatten Hannovers Lars Stindl per Eigentor (16.) und Franck Ribéry (22.) den munteren Torreigen eröffnet.
„Das Spiel hat gezeigt, dass ich keine B-Mannschaft habe, sondern nur eine A- Mannschaft“, lobte Heynckes. Jeder der ins Team rotierten Spieler schien sich für einen Platz im Champions-League-Halbfinale am Dienstag bewerben zu wollen. Nur Neuer, für den es keinen gleichwertigen Ersatz gibt, unterlief ein grober Fehler.
Ein Schnitzer, der in der Bundesliga ohne Folgen bleibt, in der Champions League aber entscheidend sein könnte. „Er war von der Sonne geblendet“, kommentierte Heynckes die für Neuer unangenehme Situation: Vor dem ersten Bundesliga-Tor des 96-Mittelfeldspielers Andre Hoffmann (85.) ließ der Bayern-Keeper einen Freistoß von Christian Pander unerwartet aus den Händen rutschen.
War die Heynckes-Antwort etwa Ironie, da doch die Sonne dem Nationaltorwart gar nicht ins Gesicht, sondern von der Seite schien? „Nein“, versicherte der Bayern-Trainer und fügte schnell an: „Manuel Neuer spielt eine überragende Saison.“
Tatsächlich wirkt der oft beschäftigungslose Neuer manchmal unkonzentriert. In Hannover unterlief er eine Flanke, kollidierte unnötig mit 96-Stürmer Mame Diouf. In der Nationalmannschaft patzte er gegen Kasachstan, im Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg kassierte er einen nicht unhaltbaren Treffer von Diego. „Es ist immer ein bisschen Risiko dabei“, kommentierte der Keeper selber.
„Für uns war es wichtig, dass wir vor dem Spiel gegen Barcelona nicht nur ein gutes Ergebnis, sondern auch eine gute Leistung zeigen“, erklärte der Keeper: „Dann kann man in so ein Champions-League-Spiel mit einer breiten Brust und einem guten Gefühl gehen.“ Ob das für ihn selber auch gilt?
Vielleicht weckt der Fehler Neuer auf. So wie nach Heynckes' Ansicht auch die Steueraffäre von Uli Hoeneß positive Folgen haben kann. „Bei uns gibt es immer irgendwelche Meldungen und Äußerungen und was weiß ich. Das schärft die Sinne, das macht uns noch aufmerksamer und noch ehrgeiziger“, lautete seine Botschaft: „Meine Mannschaft lässt sich von nichts beeinflussen und beeindrucken.“
Auch der sonst so kritische Sportvorstand Matthias Sammer versicherte: „Das belastet uns überhaupt nicht.“ Zumindest in Hannover stimmte das, die Bayern setzten ihre Jagd nach Rekorden locker und kaum gestört fort. Der 26. Sieg in einer Saison ist eine neue Bestmarke, und den Punkterekord von Borussia Dortmund (81 Zähler) aus der vergangenen Saison stellten sie vier Spieltage vor Saisonschluss bereits ein. Nur auf das 20. Spiel zu Null müssen die Münchener nach Neuers Fehler noch warten.