Schalke taumelt - Heldt moniert mangelnden Charakter
Frankfurt/Main (dpa) - Horst Heldt atmete einmal tief durch, dann holte der Sportdirektor des FC Schalke 04 zum verbalen Rundumschlag gegen seine Mannschaft aus.
Während nebenan Eintracht Frankfurts schier unüberwindbarer Torwart-Oldie Oka Nikolov strahlend über seine Glanztaten berichtete, zeichnete Heldt nach der 0:1-Pleite gegen die Notelf des Aufsteigers mit versteinerter Miene ein düsteres Zukunftsbild. „Es funktioniert nichts seit gefühlten 15 Jahren auf Schalke. Mit solchen Leistungen brauchen wir gar nicht über Champions League oder anderes nachdenken. Ich stelle mich darauf ein, dass ich nächste Saison jede Woche auf Freundschaftsspieltour gehe“, schimpfte Heldt.
Der emotionslose Auftritt in Frankfurt hatte den Sportdirektor derart erzürnt, dass er den Profis mangelnden Charakter vorwarf. „Wir sind leichtfertig in allem was wir machen. Wenn die Konsequenz in allem fehlt, kommt man halt unter die Räder. Vielleicht sind die alle noch zu jung, um zu begreifen, worum es geht“, tadelte Heldt die mangelhafte Einstellung und fügte ratlos hinzu: „Was soll ich zu solch einem Auftritt sagen. Entweder will man etwas, oder man will nix. Und wir wollen anscheinend nix.“
Durch die Niederlage, die Marco Russ vor 51 500 Zuschauern mit einem Kopfball in der 41. Minute besiegelte, muss Schalke ernsthaft um die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb bangen. Der Vorsprung auf Rang sieben, der im Europacup-Lotto drei aus fünf die erste Niete bedeutet, beträgt nur noch zwei Zähler. „Wenn wir im Schongang weitermachen, werden wir bis zum Saisonende noch runterrutschen“, prophezeite Heldt.
Anscheinend findet Trainer Jens Keller nicht den richtigen Zugang zu den Spielern, um bei ihnen die nötige Leidenschaft zu wecken. „Die letzten 70 Minuten war meine Mannschaft nicht mehr bereit, die Wege zu gehen. Wir haben den Ball zu langsam laufen lassen, haben nicht mehr gezielt nach vorne gespielt“, monierte der enttäuschte Coach.
Dabei hatte sein Team gut angefangen und mehrere Möglichkeiten zur Führung. Die beste vergab Michael Bastos, als er in der 24. Minute mit einem von Stefan Aigner verursachten Handelfmeter an Nikolov scheiterte. „Das war die Initialzündung für uns. Danach haben wir uns leidenschaftlich in jeden Zweikampf reingehauen und viel Herzblut gezeigt“, stellte Eintracht-Trainer Armin Veh fest. Was dennoch durchkam, wurde eine Beute von Nikolov. „Was er heute gehalten hat, war Wahnsinn“, lobte selbst Schalkes Nationalspieler Julian Draxler.
Die durch den Ausfall von vier Leistungsträgern geschwächte Eintracht warf Wille, Einsatz und Laufbereitschaft in die Waagschale. Diese Eigenschaften ließ Schalke vermissen. „Ich bin sehr, sehr unzufrieden. Wir haben eine riesen Chance verpasst, uns etwas Luft zu verschaffen“, sagte Keller. Dass ein reguläres Tor von Teemu Pukki keine Anerkennung fand, weil das Schiedsrichtergespann den Ball zuvor im Aus gesehen hatte, sah er nicht als entscheidend an: „Soll ich jetzt bei der Leistung der Schiedsrichter anfangen? Ich habe genug zu tun mit der Leistung meiner Mannschaft.“
Veh war dagegen „total happy“, denn mit 45 Punkten darf der Aufsteiger weiter auf eine Europa-Reise in der kommenden Saison hoffen. Dann soll auch Mittelfeld-Juwel Sebastian Rode noch dabei sein, der die Eintracht nach Ablauf seines Vertrages im Sommer 2014 verlassen wird. „Er hat uns mitgeteilt, dass er danach andere Pläne hat“, sagte Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen. Rode, der sich mit Bayern München einig sein soll, wollte sich nicht dazu äußern: „An Spekulationen möchte ich mich nicht beteiligen. Der Schwerpunkt soll jetzt auf der Eintracht liegen. Und mit der möchte ich mich für den Europacup qualifizieren.“