Brennpunkt Tor: Kraft raus, Butt rein, Neuer holen
München (dpa) - Kraft raus, Butt rein, Neuer holen - nach dem donnernden Rauswurf von Louis van Gaal wollen die Bayern-Bosse gemeinsam mit Interimstrainer Andries Jonker auch die aus dem Ruder gelaufene Torwart-Problematik wieder in geordnete Bahnen lenken.
Mit dem von Ex-Trainer van Gaal gegen den erbitterten Widerstand der Vereinsführung vollzogenen Generationswechsel im Tor ging nach Ansicht von Präsident Uli Hoeneß beim taumelnden deutschen Fußball-Rekordmeister aus München „die Scheiße los“. Mit dem Rücktausch von Jörg Butt (36) zu Thomas Kraft (22) soll die Rettung eines Champions-League-Platzes an den letzten fünf Bundesliga-Spieltagen nun doch noch gelingen.
Auch wenn Jonker Bedenkzeit erbeten hat, gilt es als sicher, dass am Sonntag im Spiel eins nach van Gaal gegen Bayer Leverkusen der erfahrene Butt wieder die Nummer 1 sein wird. Karl-Heinz Rummenigge versicherte Jonker, dass er „exklusiv“ für Training, Taktik und die Mannschaftsaufstellung zuständig sei. „Es wird ihm keiner von uns am Samstagabend die Aufstellung unter der Hoteltür hindurchschieben“, sagte der Bayern-Chef im Bayerischen Fernsehen.
Trotzdem ist klar, dass die Bosse von ihrem Aushilfschef, der im Sommer die Amateur-Mannschaft übernehmen wird, den Kooperationswillen erwarten, den der sture van Gaal gerade auch in der äußerst sensiblen Torhüterfrage verweigert hatte. „Er weiß, was funktioniert hat. Und trotzdem weiß er auch, dass Dinge verändert werden müssen“, sagte Rummenigge in Richtung Jonker und hielt zugleich ein Plädoyer für Butt: „Er hat eine sehr gute Hinrunde gespielt, hat in der Mannschaft ein hohes Standing, steht in der Hierarchie mit ganz oben.“
Jonker hatte am Montag erklärt, dass er vor personellen Entscheidungen erst seine „Gedanken ordnen“ wolle. Er hob aber zugleich hervor, wie wichtig Einigkeit sei, um das Ziel Platz drei zu erreichen. „Wenn wir zusammenhalten, schaffen wir das.“
Kraft, der beim 1:1 in Nürnberg das Gegentor verschuldet hatte und nun über Rückenprobleme klagt, dürfte zum Opfer des Trainerwechsels werden. „Der arme Kerl kann gar nichts dafür. Ich möchte ihn nicht ans Kreuz nageln. Den Fehler hat er gemacht, weil man ihm Tag und Nacht beigebracht hat, den Ball nicht nach vorne zu schlagen. Er hat nur das gemacht, was man von ihm verlangt hat“, erklärte Rummenigge.
Eine Rückkehr von Butt ins Tor soll für eine Stabilisierung der Abwehr sorgen, aber auch die Anti-Neuer-Demonstrationen in der Allianz Arena eindämmen. Der Nationaltorhüter steht weiterhin ganz oben auf der Münchner Einkaufsliste. Rummenigge dementierte mit Verweis auf die FIFA-Statuten eine schon fixe Übereinkunft mit dem Schalker Kapitän: „Er darf ja gar nicht unterschreiben. Er hat noch einen Vertrag bis 30. Juni 2012.“ Aber Rummenigge wies auch explizit auf viele Fan-Briefe hin, in denen der Vorstand ermutigt worden sei, sich um „den aus Sicht der Fans besten Torwart der Welt zu bemühen“.
Die Transfers für die kommende Saison wollen die Bayern nicht von der Champions-League-Teilnahme abhängig machen, wie Rummenigge in der „Bild“-Zeitung (Dienstag) erklärte. Er schloss zudem erneut den Verkauf von Stammspielern wie Arjen Robben oder Franck Ribéry aus. Doch das ist Zukunftsmusik, aktuell zähle nur Platz drei: „Es geht um das nackte Ergebnis. Es gilt, den Rückstand auf Hannover aufzuholen.“
Den Countdown für den Endspurt eröffnete Interimscoach Jonker mit einem trainingsfreien Dienstag. Das sei „vernünftig, damit jeder das, was passiert ist, verarbeitet und sich am Mittwoch frisch und offen auf dem Trainingsplatz präsentiert“, sagte der neue Chef. „Ab dann bereiten wir uns Schritt für Schritt auf Leverkusen vor.“