Ex-Trainer Meyer wird 70
Nürnberg (dpa) - Er ist hierzulande eine der beeindruckendsten Figuren des Fußballs. Erst feierte er in der DDR große Erfolge, nach der Wende stieg er dann in ganz Deutschland zum erfolgreichen Coach auf - und zum Kult-Trainer.
Am 3. November wird Hans Meyer 70.
Selbst für das Trainer-Urgestein gibt es mehr als den Fußball-Platz. „Nachdem ich in Mönchengladbach aufgehört habe, habe ich ein Jahr lang eine Weltreise gemacht. Dabei bin ich auf den Gedanken gekommen, dass es noch viel, viel schönere Dinge gibt, als immer nur auf der Trainerbank zu hocken“, gestand er vor wenigen Monaten in einem Interview der „Welt“. Wohl wahr - und deshalb schließt Meyer auch eine Rückkehr als Rentner wie bei Otto Rehhagel aus. „Es braucht keiner Angst zu haben, dass Hans Meyer noch mal an der ,Front' auftaucht“, erklärte er jüngst im „kicker“.
Eigen wie kaum ein anderer im Fußball-Geschäft ist Meyer, und auch bei seiner letzten Trainer-Station beschritt er 2009 ungewöhnliche Wege. Kaum hatte er Borussia Mönchengladbach vor dem lange drohenden Abstieg aus der Bundesliga gerettet, zog sich der Coach zurück. Seine Begründung damals: „Mit einem fast 67-Jährigen kann man keine Mannschaft aufbauen.“ Nun sitzt Meyer im Präsidium des niederrheinischen Traditionsclubs.
Seine erste große Fußball-Liebe war der FC Carl Zeiss Jena. Abwehrmann Meyer wurde in der DDR mit Jena zweimal Meister, und hier feierte er auch seinen größten Trainer-Erfolg: 1980/81 räumten die Thüringer im Europapokal der Pokalsieger nacheinander den AS Rom, den FC Valencia und Benfica Lissabon aus dem Weg und zogen ins Finale ein. Dort gab es zwar ein 1:2 gegen Dinamo Tiflis, doch für Meyer ist der Siegeszug sein Meisterstück. „Wenn man mit einer Bezirksauswahl Jena dreimal Weltklasse schlägt und ins Europacup-Finale kommt, ist das noch ein Stückchen mehr wert als der DFB-Pokal.“
Den gewann Meyer 2007 mit dem 1. FC Nürnberg - und schaffte damit das Kunststück, als erster Trainer aus dem Osten einen gesamtdeutschen Titel zu holen. „Ich bin ja auch Historiker, aber ich hätte nie gedacht, dass ich noch einmal Geschichte schreibe“, kommentierte der Fußball-Lehrer, der schon mit Jena drei DDR-Pokalsiege einfuhr, gewohnt ironisch den Erfolg.
Nach dem Mauerfall war Meyer („Bis 1990 habe ich nicht für Geld, sondern den Sozialismus gearbeitet“) zunächst von der lukrativen Bundesliga verschmäht worden. Der Ost-Trainer trat den Umweg über den niederländischen Club Twente Enschede an. Erst 1999 konnte er mit seiner ersten Verpflichtung in Mönchengladbach auch im gesamtdeutschen Fußball Fuß fassen.
Den Traditionsclub führte er zurück in die Bundesliga, 2004 rettete er als „Feuerwehrmann“ Hertha BSC vor dem Absturz in die Zweitklassigkeit. Im November 2005 übernahm er das Traineramt in Nürnberg. Er hielt die Franken im Oberhaus, holte den Pokal und führte den „Club“ in den UEFA-Cup. „Ich kann gar nicht alt genug werden, um alle Überraschungen, die der Fußball so parat hat, verkraften zu können“, sagte Meyer einmal.
Überhaupt: Seine Sprüche. Noch immer ist er selten um einen flotten Satz verlegen, das Image des „Sprücheklopfers“ ärgert Meyer aber. „Es kann von keinem vernünftigen Menschen jeden Tag was Gescheites kommen“, sagte er einmal. Aber immerhin manchmal: Die Deutsche Akademie für Fußballkultur schrieb ihm den Fußball-Spruch des Jahres 2007 zu. „In schöner Regelmäßigkeit ist Fußball doch immer das Gleiche.“ Davon hätte man wirklich gerne mehr.