Fall Breno: Ein Schatten auf Bayerns heiler Welt
München (dpa) - Er wurde als Ausnahmetalent gepriesen. Beim FC Bayern traute man ihm sogar den Aufstieg zum Weltklasseverteidiger zu. Gerecht wurde Breno den Vorschusslorbeeren nicht. Stattdessen kam der junge Brasilianer mit vielen Verletzungen und der fremden Fußballwelt nicht zurecht.
Als der FC Bayern in der Vorsaison aus der Champions League ausschied, war Breno ausnahmsweise mittendrin. Leider in einer unglücklichen Rolle. Der brasilianische Verteidiger, über weite Strecken der Partie souverän im Zweikampf, versuchte in der Schlussphase gegen Inter Mailand den Ball gegen Samuel Eto'o spielerisch zu behaupten. Die Aktion missglückte; und nach dem von Eto'o vorbereiteten Treffer zum 2:3 durch Goran Pandev war im Achtelfinal-Rückspiel alles vorbei für den deutschen Fußball- Rekordmeister. Danach folgten für Breno die Verbannung auf die Ersatzbank, weitere Verletzungen - und ein halbes Jahr später das aktuelle persönliche Drama.
Nach dem Brand in der von ihm gemieteten Villa wird der 21 Jahre alte Südamerikaner der Brandstiftung verdächtigt und sitzt seit dem Wochenende in Untersuchungshaft. Wie groß das Ausmaß seiner Probleme sein muss, ließen erst einige Aussagen nach dem verheerenden Feuer des Hauses im Münchner Nobel-Vorort Grünwald erahnen. Präsident Uli Hoeneß nahm das Wort „depressiv“ in den Mund. Brenos Anwalt Werner Leitner sprach von einer „schwierigen persönlichen Situation“.
Der Verdächtige selbst schweigt. Aber schon jetzt ist klar, dass aus dem erhofften Fußball-Märchen eines jungen Brasilianers rund 10 000 Kilometer von der Heimat entfernt ein Albtraum geworden ist. Vor dem Königsklassen-Spiel der Münchner gegen Manchester City warf der tragische Fall um Breno, der sich vergangene Woche in psychiatrische Behandlung begeben hatte, einen Schatten auf die sonst dieser Tage so heile Bayern-Welt.
Als 18-Jähriger kam der damals auch von Real Madrid umworbene Breno Vinicius Borges im Januar 2008 vom FC Sao Paulo zum FC Bayern. Zwölf Millionen Euro, mehr als der Club damals für Luca Toni gezahlt hatte, war der junge Innenverteidiger den Bayern-Bossen wert. Allen voran Hoeneß setzte vorschnell darauf, dass Breno eines Tages zu den besten Abwehrspielern der Welt gehören werde. Immerhin: Bei seinem Bundesliga-Debüt am 4. Mai 2008 beim 0:0 in Wolfsburg durfte Breno als Einwechselspieler gleich die deutsche Meisterschaft mitfeiern.
Trainer wie Ottmar Hitzfeld („Ich bin überzeugt davon, dass er ein großer Spieler wird und Bayern in Zukunft noch sehr viel Freude an ihm hat“) oder auch Louis van Gaal hielten große Stücke auf den Defensivmann. Van Gaal wollte mit ihm und Holger Badstuber die Innenverteidigung für die Zukunft aufbauen. Nur 33 Pflichtspiele (kein Tor) für die Münchner stehen bislang zu Buche für den wuchtigen Verteidiger, in dem auch Bayerns Erfolgs-Brasilianer Giovane Elber eines Tages einen „Weltklassespieler wie Lucio“ sah. Vielleicht wog der Rucksack der Erwartungen zu schwer für den Olympia-Dritten von 2008.
Auf dem Weg zum Stammplatz hatte Breno vom Start weg mit enormen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das fremde Land im Winter, Nachholbedarf bei der Fitness, dazu erschwerten seine Eingliederung die bis heute ungenügenden Deutsch-Kenntnisse. Zu allem Übel kamen ihm auch noch schwere Verletzungen in die Quere. Gerade als er in der halbjährigen Leihzeit beim 1. FC Nürnberg Anfang 2010 seine besten Spiele zeigte, bremste ihn ein brutales Foul des Leverkuseners Stefan Reinartz. Kreuzbandriss lautete die Diagnose im März 2010. Der erste von insgesamt vier operativen Eingriffen war nötig; zwei weitere am Knie und einer am Sprunggelenk folgten. Jetzt droht dem Mann, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, eine weitere OP am rechten Knie.
„Ich hatte in Brasilien weniger Geld und weniger Luxus, war aber ein glücklicher Mensch. Hier habe ich Geld, aber mir fehlt alles andere“, hat Breno vor rund einem Jahr in einem Interview gesagt. Die aktuelle Entwicklung verleiht den Worten einen anderen Klang. Angesichts der jüngsten Leidensgeschichte ist es schwer vorstellbar, dass es für den Familienvater Breno doch noch eine triumphale Zeit auf dem Fußball-Platz gibt. Auch wenn er noch jung genug dafür wäre.