Gomez: Getriebener der eigenen Erfolgsquote
München (dpa) - Mario Gomez kennt den Fluch der guten Tat. Wenn der Fußball-Nationalspieler als Tormaschine des FC Bayern München funktioniert - wie beim 7:1-Festival gegen Hoffenheim - dann wird er von den Zuschauern umjubelt und gefeiert.
Aber wehe, er trifft mal nicht wie am Fließband.
Dann ist der Kredit des 26 Jahre alten Angreifers beim Publikum schnell aufgebraucht. Gomez wird dann zur Reizfigur, die nach vergebenen Chancen und verstolperten Bällen Pfiffe erntet. „Die Latte habe ich selber so hoch gelegt“, weiß Gomez. „Der normale Schnitt eines Bundesligastürmers ist, dass er alle drei, vier, fünf Spiele einmal trifft. Bei mir war es in den letzten zwei Jahren so, dass ich fast in jedem Spiel getroffen habe.“ Das erhöht die Erwartungshaltung: „Wenn die Latte so hoch liegt, wird nicht nach neun Spielen angefangen, die Minuten zu zählen, sondern nach zwei. Damit muss ich umgehen, damit muss ich klar kommen.“
Leicht fällt ihm das nicht immer. Darum war Gomez „froh“, dass er das „Gequatsche“ über seine jüngste Ladehemmung von vier Spielen mit seinem Dreierpack gegen Hoffenheim vor dem Champions-League-Spiel gegen den FC Basel fürs erste wieder beenden konnte. „Es war nicht einfach die letzten Wochen, das muss ich auch ehrlich sagen.“
Wie kaum ein anderer Stürmer wird Gomez fast einzig und allein aufs Toreschießen reduziert. Bayern-Trainer Jupp Heynckes kennt als früherer Weltklassestürmer dieses Phänomen. „Bei Torjägern ist es nicht unbekannt, dass man schnell ungeduldig wird und kritisiert, wenn sie nicht treffen“, sagte er vor dem Basel-Spiel. Trotzdem hat Heynckes an seinem Mittelstürmer nicht gezweifelt. „Mir ist nie in den Sinn gekommen, ihn auszutauschen. Er ist ganz wichtig für uns.“
Heynckes verweist auf die herausragenden Torquoten von Gomez. Mit 21 Treffern ist der Topschütze der vergangenen Saison (28 Tore) auch aktuell wieder die Nummer 1 der Liga vor Klaas-Jan Huntelaar (Schalke/19) und dem mit jeweils 16 Treffern folgenden Trio Claudio Pizarro (Werder Bremen), Robert Lewandowski (Borussia Dortmund), Lukas Podolski (1. FC Köln). Die Saisonbilanz von 30 Toren in 35 Pflichtspielen bis zum Basel-Spiel ist eine überragende Quote.
Tore mit rechts, Tore mit links, Tore mit dem Kopf, diesen Job muss Gomez beim FC Bayern erledigen. „Letztendlich bin ich dafür da, um die Tore zu machen - auch in dieser Höhe und in dieser Qualität“, sagte er nach seinem insgesamt zehnten Dreierpack in der Bundesliga am Wochenende. Über Stänkereien wie die von Basels Aleksandar Dragovic im Schweizer „Blick“ („Gomez macht nicht immer schöne Tore, viele sind Abstauber. Dass er nicht gerade der größte Kicker ist, wissen wir alle“) wird einer wie der Münchner Angreifer wohl nur müde lächeln.
Gelassen bleibt er auch bei kleineren und größeren Torkrisen. Damit umzugehen hat der Nationalstürmer gelernt. „Ich habe versucht, mein Ding weiter durchzuziehen“, sagte er zur jüngsten Flaute: „Ich habe im Training Gas gegeben, habe weiter gearbeitet und bin dafür belohnt worden.“
Der Stellenwert und das Ansehen von Gomez sind gestiegen. Der Bundestrainer hatte dem 51-maligen Nationalspieler schon in der Hinrunde den Titel „Tormaschine“ verliehen. Joachim Löw hat zudem imponiert, wie sich Gomez im Verein gegen Widerstände durchbiss. „Mario hat sich nach einem schwierigen Jahr bei Bayern durchgesetzt. Er hat sein Ziel nie aus den Augen verloren“, lobte Löw. Gomez ist im Nationalteam zu einem echten Konkurrenten von Miroslav Klose (33) aufgestiegen.
Das Alter spricht spätestens nach der EM für Gomez. Seine Vereinszukunft sieht der Torjäger, der früher von Spanien schwärmte, in der Bundesliga beim FC Bayern. Das Interesse an einer Verlängerung des bis 2013 datierten Arbeitspapiers wurde von Verein und Spieler bereits signalisiert. Eilig sei die Sache nicht, sagte Gomez jüngst. Einen „Zeitdruck“ verspüre er nicht. Wer jede Woche ins Tor treffen muss, für den sind eineinhalb Jahre Vertragslaufzeit verdammt lang.