„Gute Stimmung“ im Bayer-Nachtbus - FCA umkurvt Europa
Augsburg (dpa) - Sami Hyypiä klatschte nach dem Schlusspfiff dreimal in die Hände, anschließend gab es zahlreiche Umarmungen auf dem Platz. Und ein Wort fiel nach dem glücklichen 3:1 (1:0) von Bayer Leverkusen beim FC Augsburg in jedem Kommentar - „Erleichterung“.
Die war wahlweise „groß“ oder „riesengroß“, aber das Wort fiel vom zuletzt ratlosen Trainer über Aushilfskapitän Lars Bender bis hin zu Sportchef Rudi Völler jedes Mal. „Ich bin froh für die Mannschaft“, erklärte Hyypiä „erleichtert“ nach dem vorerst gestoppten freien Fall von Bayer in der Fußball-Bundesliga: „Ich hoffe, wir bekommen Überzeugung von diesem Sieg.“
Tatsächliche könnte der 500. Ligaerfolg für Bayer ein Wendepunkt gewesen sein vor dem Endspurt um die Champions-League-Tickets. „Wir waren einfach mal dran“, meinte Völler. Königsklassen-tauglich war es nicht, was die Leverkusener zeigten, aber nach zuvor neun erfolglosen Pflichtspielen stimmte wenigstens wieder das Resultat.
„So ein Sieg kann beflügeln und Wirkung zeigen. Wir haben jetzt noch sieben Endspiele“, betonte Torwart Bernd Leno, der Bayer im Spiel hielt, als es nach dem Augsburger 1:1 bedenklich wackelte.
„Wir können einfach froh und glücklich sein, dass wir mal wieder einen Dreier geholt haben“, erklärte Torjäger Stefan Kießling, der das 1:0 erzielt hatte. Vorentscheidend aber war nach dem Ausgleich von Tobias Werner (59. Minute) vor 27 114 Zuschauern das freche 2:1 von Heung-Min Song, der den Ball in der 80. Minute aus fast unmöglichem Winkel ins kurze Eck knallte. „Das war ein wichtiges Tor“, sagte der technisch so begabte Südkoreaner strahlend.
Emre Can legte bei einem weiteren Konter das 3:1 für Bayer nach - das war's. „Wir haben eiskalt unsere Chancen genutzt“, analysierte Son. Augsburg tat das nicht, das war der entscheidende Unterschied. „Die individuelle Klasse eines Son oder Kießling kann sich Augsburg nicht leisten“, stöhnte FCA-Coach Markus Weinzierl. Für den Sprung in die Europa League scheint die Qualität des Überraschungsteams nicht ganz zu reichen: „Wir waren die klar bessere Mannschaft. Wenn wir gewonnen hätten, wären wir mittendrin gewesen“, haderte Daniel Baier: „Anscheinend sind wir nicht so weit.“
Auch die Leverkusener blieben betont vorsichtig. Es gebe keinen Grund, sofort wieder nach oben zu schielen auf die direkten Champions-League-Plätze, mahnte Torjäger Kießling: „Wir stehen auf Platz vier - und den sollten wir erstmal verteidigen.“ Nachlegen gegen den Tabellenletzten Eintracht Braunschweig lautete die ebenfalls kollektiv vorgetragene Losung vor der nächtlichen Heimfahrt mit dem Mannschaftsbus. Die Leverkusener Reisegruppe ging so den Warnstreiks am Münchner Flughafen aus dem Weg. Immerhin werde „gute Stimmung“ im Bayer-Nachtbus herrschen, versicherte Matchwinner Son vor dem 500-km-Trip.
Als Gewinner fühlen durfte sich auch Sami Hyypiä. Der 40-jährige Finne hatte vorher mit der Mannschaft „viel über mentale Sachen gesprochen“. Aber er demonstrierte beim Schlüsselspiel in Augsburg auch Stärke und Handlungsfähigkeit, indem er etwa Kapitän Simon Rolfes auf die Bank verbannte und sein Team umbaute.
Völler glaubt, dass Hyypiä durch das Stahlbad der vergangenen Wochen reifen wird. „Wir wissen, was Sami kann. Er ist ein junger Trainer, der noch nicht in einer solchen Phase war in seiner Karriere. Er hat immer in der Sonne gestanden, ist immer gelobt worden - von allen innerhalb und außerhalb des Vereins, auch von mir.“ Und in Leverkusen schien auch mal wieder die Sonne.