Handspiel-Debatte beschäftigt Fußball

Berlin (dpa) - Die Aufreger am Bundesliga-Wochenende lassen die Diskussionen um Regeländerungen im Fußball wieder hochkochen. Und eine Lösung ist nicht in Sicht. Schiedsrichter müssen vor allem in der komplizierten Frage „Hand oder Nicht-Hand“ immer mehr Dinge im Auge behalten:

Körperfläche, Bewegungsrichtung des Arms, Entfernung zum Ball. Sogar die Spieler haben Mitleid. „Handspiel ist eine ganz schwierige Nummer, die wohl am schwierigsten zu treffende Entscheidung“, sagte Thomas Müller am Montag und berichtete über Regel-Diskussionen innerhalb der Mannschaft bei Bayern München. „Der Schiedsrichter hat Spielraum und kann nur ins Fettnäpfchen treten.“

Das Regelwerk macht es den Referees dabei nicht unbedingt leichter - so viele Dinge gilt es zu beachten. Selbst nach vielen Zeitlupen und verschiedenen Perspektiven können sich Experten, Trainer, Fans und Profis häufig nicht einigen. Doch Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel will die Debatte versachlichen. „Die Vorgaben sind klar“, sagte er dem „Kicker“. „Wenn ein Spieler seine Körperfläche vergrößert, (...) ist dies als Handspiel zu ahnden.“ Eine generelle Regeländerung nach dem Motto „Hand ist Hand“ sieht der frühere Schiedsrichter kritisch. Eine grundlegende Änderung der Rechtslage ist ohnehin nicht geplant.

Auch am Wochenende gab es wieder mehrere hauchdünne und umstrittene Entscheidungen. Den meisten Wirbel gab es nach dem Spiel zwischen Mainz und Leverkusen. Florian Meyer hatte auf Handelfmeter entschieden, nachdem FSV-Profi Bo Svensson Leverkusens Manuel Friedrich aus kurzer Distanz an den Arm geschossen hatte. Andreas Ivanschitz verwandelte den Strafstoß zum entscheidenden Tor.

Die Meinungen über diese strittige Entscheidung hätten nicht unterschiedlicher ausfallen können. „Das war in der Vergangenheit kein Elfmeter, heute nicht und wird auch in der Zukunft keiner sein“, polterte Bayer-Sportchef Rudi Völler. FSV-Torschütze Ivanschitz war sich nicht so sicher: „Das war eine 50:50-Entscheidung.“

Der betroffene Schiedsrichter Meyer sah sich auch nach dem Spiel noch im Recht. „Der Arm auf Kopfhöhe, das ist keine natürliche Bewegung“, erklärte Meyer. Anders sah es wiederum Schiedsrichter-Chef Fandel. „Der Elfmeterpfiff war nach Ansicht aller Fernsehbilder falsch“, sagte der 49-Jährige. Friedrichs Armhaltung sei natürlich, „weil er mit dem ausgestreckten Bein den Ball erreichen wollte und der Arm in Körpernähe war“.

Laut FIFA-Regeln liegt ein Handspiel vor, „wenn ein Spieler den Ball mit seiner Hand oder seinem Arm absichtlich berührt“. Das klingt zunächst einfach. Die Schiedsrichter haben bei ihrer Entscheidung jedoch auch noch andere Dinge zu beurteilen: etwa die Bewegung der Hand zum Ball, die Entfernung zwischen Gegner und Ball oder die Position der Hand. Auch FSV-Coach Thomas Tuchel, sonst eher für Schiedsrichter-Schelte bekannt, zeigte nach dem 1:0-Sieg seiner Mannschaft ungewöhnlich viel Verständnis: „Der Ermessensspielraum ist unendlich groß“. Er könne sich regeltechnisch nicht erklären, ob es ein Elfmeter war oder nicht.

Nicht einfacher ist die Sachlage im aktuellen Streit um die Torlinientechnologie. Auch dazu gab es wieder mehrere strittige Szenen, die mit bloßem Auge schwer zu bewerten waren. Beim 1:1 zwischen Mönchengladbach und Bremen kam Borussia-Schlussmann Marc-André ter Stegen nach einem Schuss von Aleksandar Ignjovski erst knapp hinter der Torlinie an den Ball. Tags darauf klärte Frankfurts Pirmin Schwegler in Hannover einen Ball von 96-Stürmer Didier Ya Konan gerade noch rechtzeitig.

Egal ob Handspiel oder Torlinientechnologie: In der Bundesliga soll erstmal alles beim Alten bleiben. Zwar sollen die technischen Hilfsmittel zur Torerkennung beim Confederations Cup im Sommer und bei der WM 2014 in Brasilien zum Einsatz kommen. Das Bewerbungsverfahren von vier Anbietern läuft. Die Einführung auf nationaler Ebene überlässt der Weltverband FIFA jedoch auch in Zukunft den Ligen. Die Deutsche Fußball-Liga DFL hatte im November beschlossen, die Torlinien-Technik vorerst nicht einzuführen.