Heung Min Son: Drei Treffer und eine Entschuldigung

Leverkusens Talent suchte lange seine Form, trifft beim 5:3 gegen Ex-Club HSV dreifach — und hat ein schlechtes Gewissen.

Leverkusen. Heung Min Son lächelte etwas verlegen. So ganz wusste er nicht, was er nun sagen soll. Ob er denn damit gerechnet habe, seinen ehemaligen Mitspieler Heiko Westermann in rund ein halbes Dutzend Mal so dermaßen alt aussehen zu lassen, wurde er gefragt. Und ob der schwerfällige 30-Jährige, der nur 18 Prozent seiner Zweikämpfe gewann, nicht generell der Falsche sei, um ihn, den quirligen 21-Jährigen, zu stoppen. „Nein, nein“, sagte der höfliche Südkoreaner nach einiger Zeit, „Heiko war ein paarmal aggressiv an mir dran, das hat auch ein bisschen wehgetan. Dafür gehe ich jetzt zu ihm und ärgere ihn ein bisschen“, sagte Son. Lachte und verschwand.

Was danach genau in der HSV-Kabine passierte, ist nicht überliefert. Aber es dürfte die Hamburger und erst recht Westermann nicht mehr geärgert haben, als das, was Heung Min Son während der vorangegangenen 90 Minuten auf dem Platz veranstaltet hatte. Drei Tore hatte der Leverkusener Flügelstürmer beim 5:3-Sieg über den Hamburger SV erzielt und seinen alten Arbeitgeber damit fast im Alleingang abgeschossen.

Das war umso erstaunlicher, weil Son seit seinem Galaauftritt am ersten Spieltag gegen Freiburg nicht mehr getroffen hatte und zwischenzeitlich gar auf der Bank Platznehmen musste. Einige sprachen schon von einer echten Krise des pfeilschnellen Offensivtalents, Son selbst gab zu, sich in den vergangenen Wochen „zu viel Druck“ gemacht zu haben. Das hatte auch sein Trainer Sami Hyypiä erkannt, der unter der Woche das Gespräch mit Son gesucht hatte: „Ich habe ihm gesagt, dass wir ihm vertrauen und er einfach ruhig bleiben soll“, sagte Hyypiä.

Dass es nun ausgerechnet gegen seinen Ex-Verein klappte, war dem Südkoreaner hinterher fast peinlich: „Mir tut das schon ein bisschen Leid für den HSV“, sagte Son, um aber nur kurz später nicht ohne Stolz zu verkünden, dass ihm zum ersten Mal drei Tore in einem Spiel gelungen waren und man von einem „perfekten Tag“ reden könnte.

Was allerdings nur für ihn selbst galt. Zwar boten die beiden Teams für die 30 000 Zuschauer ein regelrechtes Spektakel mit zahlreichen Offensivaktionen und acht Toren, hochklassig war die Begegnung aber zu keiner Zeit. Das sah auch Hyypiä so: „Das war nicht schön für mich“, sagte Bayers Trainer trotz des Sieges. „Wir haben gewonnen, aber als Trainer war es schwer, ruhig auf der Bank zu sitzen.“

Das lag vor allem an den teils grotesken Abspiel- und Stellungsfehlern auf beiden Seiten. Dass Leverkusen am Ende gewann, lag nur daran, dass es auf einen HSV traf, der seine Abwehrprobleme auch unter Trainer Bert van Marwjk nicht in den Griff bekommt. Zehn Gegentore hat der HSV allein in den vergangenen vier Spielen kassiert.

Gleich vier der fünf in Leverkusen fielen nach eigenen Ballverlusten und schnellen Kontern der Gastgeber. „80 Prozent der Gegentore waren Geschenke“, sagte ein sichtlich bedienter Manager Oliver Kreuzer. Und auch wenn van Marwijk seine Mannschaft „spielerisch gleichwertig“ gesehen hatte, kam der HSV nach einer indiskutablen Anfangsphase mit zwei frühen Gegentoren durch Son nur dank eines Geschenks von Simon Rolfes ins Spiel.

Bayers Kapitän hatte sich einen katastrophalen Ballverlust geleistet, der zum Anschlusstreffer durch Maximilian Beister führte und die Leverkusener eine halbe Stunde komplett den Faden verlieren ließ. Als Pierre-Michelle Lasogga kurz nach der Pause das 2:2 erzielte, drohte das Spiel gar komplett zu kippen.

Auf einmal spielte die Angst bei den Leverkusenern mit, nach dem 0:1 vor Wochenfrist in Braunschweig nun weiter hinter dem Spitzenduo Bayern und Dortmund zurückzufallen. Doch dann kam Son und brachte Bayer mit seinem dritten Treffer wieder auf die Siegerstraße. Und als am Ende die Dortmunder Niederlage in Wolfsburg auf der Anzeigetafel eingeblendet wurde, war die Laune in Leverkusen endgültig blendend. Vor allem bei Heung Min Son: „Ich bin heute richtig glücklich.“