Fußball-Bundesliga Holger Fach: Von null auf hundert in Darmstadt
Der neue Sportdirektor aus Wuppertal sucht einen Trainer in einem Verein der neuen Chancen.
Darmstadt. Mit wachem Blick, einem sympathischen Lächeln und klaren Antworten hat Holger Fach seinen Posten als Sportdirektor beim Fußball-Bundesligisten SV Darmstadt 98 angetreten. Dabei machte der 53-Jährige unmissverständlich klar, dass die Trainersuche absolute Priorität hat. „Den müssen wir sehr schnell finden. Gehen Sie mal von vier, fünf oder sechs Tagen aus“, sagte der frühere Bundesligaprofi und Nationalspieler gestern bei seiner Vorstellung.
Der Wechsel des bisherigen Erfolgscoaches Dirk Schuster zum FC Augsburg ist fix. Drei Nachfolge-Kandidaten stehen nun im engeren Kreis. „Wir müssen die Eier in mehrere Nester legen“, sagte Darmstadts Präsident Rüdiger Fritsch. Wichtig sei laut Fach, „keinen Schnellschuss zu machen.“ Notfalls wären die Südhessen auch bereit, eine Ablösesumme zu zahlen.
Man suche man einen Trainer, der beide Ligen kenne und entsprechende Erfahrungen habe. „Und der nicht gerade umfällt, wenn ihm mal der Wind entgegen bläst und der unser Umfeld kennt“, sagte Fach.
Umgefallen ist auch Fach selbst nicht. Nie. Zwei Jahre hat der Wuppertaler Ex-Profifußballer im kasachischen Astana trainiert, dann war da viel Ruhe. Golfen, sich um die alternde Mutter kümmern. Seinen wichtigsten Wettkampf hatte der erklärte Nichtraucher und Antialkoholiker nach Astana zu bestehen. Lungenkrebs. Operationen, Chemotherapie. Seit mehr als dreieinhalb Jahren ist er nun ohne Befund. „Man sagt, nach fünf Jahren ist es vorbei. Aber die Rückfallquote sinkt mit jedem Jahr“, hat er dieser Zeitung noch vor einigen Monaten gesagt. Fach hat noch einmal Glück gehabt, das weiß er. Die Krankheit hat ihn gelassener gemacht.
Aber nicht so gelassen, als dass er nicht gerne wieder mittendrin wäre. Er hatte seit Ende 2015 gescoutet für Darmstadt, war seit April dieses Jahres fest angestellt im Verein. Jetzt bestimmt er als Sportlicher Leiter die Geschicke des Erstligisten. Eine schnelle Karriere, die so nur in Darmstadt möglich ist. Den Verein erwartet eine Herkulesaufgabe. „Das zweite Jahr wird noch schwieriger, weil wir auf uns aufmerksam gemacht haben“, sagte Fach. Dass nach dem Abgang von Schuster in Darmstadt alles auseinanderbrechen könnte, sieht Fach nicht: „Wir werden noch einige Jahre mit Weggängen leben müssen. Wir wollen versuchen, Veränderungen in allen strukturellen Bereichen zu schaffen.“
Die Philosophie, anderswo gescheiterten Spielern eine neue Chance zu geben, wird der Verein beibehalten. „Wir füllen eine bestimmte Schaufensterposition aus“, sagte Fritsch. Sind die meist für geringe Ablösen und ein Jahr verpflichteten oder geliehenen Fußballer dann erfolgreich, ziehen sie weiter. „Das tun wir nicht, weil wir dumm sind, sondern weil wir es nicht anders können“, betonte der Präsident. Irgendwie passt Holger Fach in diesen Verein der neuen Chancen. Es ist eben auch für ihn selbst eine. dpa/kup/ll