HSV holt fünften Chelsea-Profi - Fragen an Arnesen

Hamburg (dpa) - Die Alten weg, die Neuen zu kleinlaut und der vor der Saison verpflichtete Sportdirektor sucht den Ausweg aus der Krise erneut auf der Chelsea-Ersatzbank: Beim Vorletzten Hamburger SV offenbart sich bereits nach drei Bundesliga-Spieltagen ein Führungsproblem.

Nachdem in Innenverteidiger Slobodan Rajkovic der fünfte Spieler des Londoner Clubs in Hamburg angekommen war, muss sich Frank Arnesen die Frage gefallen lassen, warum er nur Reservisten seines ehemaligen Arbeitgebers holt.

Der sportliche Leiter selbst sagt, die Qualität im Team sei da - er vermisse nur klare Hierarchien. Nach dem Abschied von Frank Rost, Zé Roberto, Piotr Trochowski und Ruud van Nistelrooy sei es zu still in der Kabine. Man brauche Fußballer, die „aggressiv vorangehen“, so der erfahrene Arnesen, der nach dem Fehlstart insgeheim bestimmt einen wie Rost zurücksehnt. Der Torhüter war stets unbequem, forderte im Training die Vorderleute, pflaumte sie auch im Spiel an - aber stand in Krisensituationen stets seinen Mann.

Rost war zu Arnesens Arbeitsbeginn schon weg. Mit dessen Billigung, denn in die Kaderplanung war der neue starke Mann am Volkspark schon lange eingebunden. Nun steht der stille Jaroslav Drobny im Tor und hat genau wie David Jarolim, Dennis Aogo und Eljero Elia zu viel mit sich selbst zu tun, als eine Mannschaft zu führen.

Deshalb redet Arnesen Heiko Westermann stark. „Er ist ein sehr guter Kapitän. Er kann schlecht spielen und gibt trotzdem alles“, sagt Arnesen, „er ist ein Vorbild“. Im Testspiel gegen Valencia sei er nach dem Pfeifkonzert der Fans sogar besser geworden. Dass der ehemalige Schalker schon in seiner ersten Saison als Mannschaftsführer beim HSV überfordert wirkte und die Versetzung von der Innenverteidigung ins defensive Mittelfeld ihm kaum weiterhilft, will der Däne nicht hören: „Er muss alles spielen können.“

Mit einem Durchschnittsalter von nicht einmal 24 Jahren stellte Arnesen den jüngsten Bundesliga-Kader zusammen, zudem sprechen die Neuverpflichtungen noch kein Deutsch. Er hat zwar erkannt, dass die für nur drei Millionen Euro eingekauften Jungspunde Michael Mancienne, Gökhan Töre, Jacopo Sala und Jeffrey Bruma derzeit nicht mithalten können: „Wir müssen erwachsener werden“. Allerdings holte Arnesen am Dienstag prompt noch einen 22-Jährigen von Chelsea: Der Innenverteidiger Rajkovic, zuletzt ausgeliehen an Vitesse Arnheim, soll die Abwehr mit den meisten Gegentoren der Liga stabilisieren. Der Serbe sollte nach dem Medizincheck einen Vertrag bis 2014 unterzeichnen.

Trainer Michael Oenning ist ein weiterer Abwehrrecke (1,91 Meter) äußerst willkommen: „Er ist ein sehr großer Innenverteidiger, ein Linksfuß und ein Typ, den wir noch nicht haben.“ Doch das bedeutet schon wieder eine Umstellung der Viererkette. Bereits am Samstag gegen den 1. FC Köln wird zudem das Abenteuer ein Ende finden, Westermann auf die Sechs zu setzen - er rückt zurück in die Abwehr. Wahrscheinlich wird er den Platz des grippekranken Mancienne einnehmen. Und Arnesen kann nur hoffen, dass sich die Einkäufe ganz schnell akklimatisieren, sonst wird seine hochgelobte Kenntnis des internationalen Marktes noch weiter in den Fokus rücken.