Nur kurze 96-Aufregung: Konzentration auf Sevilla

Hannover (dpa) - Der Ärger um den geklauten Sieg gegen Hertha war erstaunlich schnell verflogen. Direkt nach dem 1:1 lenkte Hannover 96 die Aufmerksamkeit auf das Europa-League-Rückspiel am 25. August beim FC Sevilla.

Torklau hin oder her, in Hannover zählt nur das „Spiel des Jahres“ in Sevilla. Um die historische Tabellenführung gebracht, gingen die 96-Fußballer Schiedsrichter Robert Hartmann direkt nach dem Abpfiff fast an den Kragen, doch in den Katakomben war der Ärger beim Gedanken an das Europa-League-Rückspiel in Spanien schon fast vergessen. „Ab jetzt gilt die volle Konzentration auf Donnerstag“, sagte Jan Schlaudraff stellvertretend nach dem unglücklichen 1:1 (1:0) gegen Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC.

Die erste Tabellenführung seit 42 Jahren schien in der 89. Minute schon besiegelt, als ein 40-Meter-Freistoß von Christian Pander zum vermeintlichen 2:1 im Berliner Tor einschlug. Bis der fragwürdige Pfiff des Unparteiischen kam, der einen schwarzen Tag erwischte und nach dem Hinweis seines Assistenten ein Foul von Didier Ya Konan an Herthas Maik Franz gesehen haben wollte. Selbst die Gäste wussten nicht warum. „Nein, ich weiß nicht, was er gesehen hat“, bekannte Hertha-Keeper Thomas Kraft ehrlich.

„Da kann man doch nicht auf Foul entscheiden. Ein Witz“, echauffierte sich Sergio Pinto, der Hannover 1:0 in Führung geschossen hatte (33.). Es war der deutlichste Gefühlsausbruch vor Journalisten. Ansonsten war der Zorn bei Spielern und Verantwortlichen schnell vergessen. „Spitzenreiter nach drei Spieltagen ist nicht so wichtig, nur ein schöner Nebeneffekt“, sagte Schlaudraff, der im Hinblick auf Donnerstag lieber auf eigene Unzulänglichkeiten hinwies.

Trotz zahlreicher Chancen ließen die Niedersachsen die im ersten Durchgang offensiv harmlosen Berliner wieder ins Spiel kommen. Über Hannovers schwache linke Defensivseite fiel der verdiente Ausgleich durch Pierre-Michel Lasogga (83.). „Wir müssen hinten raus das zweite Tor machen und die Konter zu Ende spielen. Wir waren viel zu hektisch, da müssen wir zulegen“, forderte Schlaudraff.

Im andalusischen Hexenkessel Rámon Sánchez Pizjuan beim FC Sevilla muss 96 nach dem 2:1 aus dem Hinspiel kaltschnäuziger agieren, um in die Gruppenphase einzuziehen. „Wenn wir die Chance bekommen, sollten wir sie gefälligst packen“, sagte Trainer Mirko Slomka, der Hartmanns krasse Fehlentscheidung zu seinen Ungunsten wohl auch wegen des Gedankens an das Spiel in Sevilla ebenfalls erstaunlich moderat kommentierte: „Die Entscheidung hätte ich anders gesehen.“

Angesichts der Szene des Spiels bekannte Slomkas Berliner Kollege Markus Babbel, „glücklich über den Punkt“ zu sein. Dabei verkaufte sich der Aufsteiger nach dem 2:2 in Hamburg auswärts erneut gut. In fremden Stadion bleibt die Hertha in diesem Jahr unbesiegt. „Drei Spiele gespielt, ein schlechtes, zwei gute“, lautete das Fazit von Andreas Ottl. In dieser Verfassung ist der Hauptstadt-Club eher ernstzunehmender Bundesligist denn Abstiegskandidat. „Wir werden die nötigen Punkte holen“, versprach Keeper Kraft denn auch.