HSV-Profis haben Ernst der Lage erkannt
Hamburg (dpa/lno) - Mit dem Pflichtsieg bei Fast-Absteiger Kaiserslautern hat sich der HSV vorerst aus der größten sportlichen Not befreit. Gerettet ist der Traditionsclub damit aber noch lange nicht.
Man habe noch sechs Endspiele vor sich, betonten Trainer Fink und Sportchef Arnesen.
Es klingt wie ein Aprilscherz, ist aber bitterer Ernst: Das Kürzel des ruhmreichen HSV steht weiter für Hamburger Sorgen-Verein. Zwar konnte sich der Traditionsclub durch das bitter nötige 1:0 (1:0)- bei Beinahe-Absteiger Kaiserslautern vom Relegationsplatz wegbewegen, doch aus dem Schneider ist der einzige seit 49 Jahren ununterbrochen der Fußball-Bundesliga angehörende Verein längst nicht. „Es war ein ganz wichtiger Sieg, aber noch lange kein Befreiungsschlag“, betonte Trainer Thorsten Fink. „Wir haben noch sechs Endspiele vor uns, in denen wir genauso fighten müssen.“
Auch Sportchef Frank Arnesen warnte nach dem auf sechs sieglose Spiele folgenden Dreier im „Schlüsselspiel“ davor, sich in Sicherheit zu wähnen. „Wir planen nicht für die 2. Liga, sind aber nicht in der Situation, um sagen zu können, dass wir mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben“, sagte der Däne am Samstagabend im ZDF-Sportstudio. Dass man fristgerecht im März auch eine Lizenz für die 2. Liga beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) beantragt habe, sei eine „Formalie“, die jeder abstiegsbedrohte Club erledigen muss - um im Fall des Falles nicht ohne Lizenz dazustehen. So weit aber soll es ja nicht kommen.
Als Sieger darf sich beim HSV vor allem Trainer Fink fühlen. Der am 17. Oktober als Nachfolger des gefeuerten Michael Oenning geholte Ex-Profi hatte nach dem unverhofften Rückfall auf Rang 16 die Zügel angezogen. Er verdoppelte das Trainingspensum, verbannte den ebenso trainingsfaulen wie aufmüpfigen Jungprofi Muhamed Besic und mehrere Ergänzungsspieler ins Regionalliga-Team - und machte auch vor großen Namen keinen Halt. So wurde Jeffrey Bruma, der immerhin zum Stamm bei Vize-Weltmeister Niederlande zählt, aus dem Kader für das FCK-Spiel gestrichen. Alles Signale, die beim Team offenbar angekommen sind.
„Heute haben es alle kapiert“, lautete Finks zuversichtlich stimmende Erkenntnis nach einer Partie am Betzenberg, in der das HSV-Ensemble zwar nicht geglänzt, aber geackert hat, wie es sich für Profis gehört. „Es war eine Riesenaufgabe für uns, die wir gemeistert haben. Für Lautern war es das wichtigste Spiel des Jahrzehnts. Da muss man erst mal bestehen“, meinte Nationalspieler Marcell Jansen, der den HSV mit seinem Tor in der 29. Minute erst einmal aus der größten Not befreite. Doch da fast die halbe Liga noch in der Gefahrenzone steckt, Relegations- (2 Punkte Abstand) und direkter Abstiegsplatz (4) noch nahe sind, muss der Kampf weitergehen.
„Vor Kaiserslautern hatten wir sieben Endspiele, nun sind es noch sechs. Die Gefahr bleibt bestehen“, warnte Arnesen. Deshalb muss der HSV am Ostersonntag gegen Bayer Leverkusen erneut beweisen, dass im Club weit verbreitete Untugenden wie Selbstüberschätzung und Schönrednerei passé sind. Nicht mithelfen kann dann Dennis Diekmeier, der beim FCK einen Teilriss von zwei Bändern im rechten Sprunggelenk erlitt und drei Wochen ausfällt, wie der HSV am Sonntag mitteilte.
Gegen die Leverkusener gilt es gilt, die Minusbilanz von nur zwei Siegen aus bisher 14 Heimspielen zu beenden. „Wir müssen nachlegen“, forderte Kapitän Heiko Westermann. Es spricht aber für den Selbstreinigungsprozess im Team, dass der Kapitän & Co. in höchster sportlicher Not vorangegangen sind. Denn es war der Mannschaftsrat, der sich vor dem Lautern-Spiel beim Trainer für Michael Mancienne als Innenverteidiger eingesetzt hatte. Fink strich daraufhin dessen durch mangelnden Einsatz aufgefallenen Rivalen Bruma aus dem Aufgebot.