Korkut bleibt nach Traumeinstand mit 96 bescheiden
Wolfsburg (dpa) - Eine geballte Faust beim Abpfiff, mehr Emotion gönnte sich Tayfun Korkut trotz seines Traum-Debüts als Bundesliga-Trainer nicht.
Der türkische Fußball-Lehrer trat nach dem nicht erwarteten 3:1-Sieg von Hannover 96 beim weiter aufgerüsteten VfL Wolfsburg bescheiden und unaufgeregt auf. „Das bedeutet noch gar nichts, auch nicht für mich“, kommentierte Korkut. Dabei hatte er mit einigen mutigen Entscheidungen genau richtig gelegen.
„Ich habe wenig Zeit, um nachzudenken, wie es mir geht“, sagte der 39-Jährige nach dem gelungenen Einstand. Der Überraschungs-Nachfolger des gefeuerten Mirko Slomka führte bei seinem ersten Einsatz als Coach einer Männer-Mannschaft das zuvor abwärts trudelnde 96-Team zu einem Außenseiter-Erfolg beim reichen Nachbarn und damit auch zum ersten Auswärtssieg der Saison.
Korkut war mit seinen Änderungen erfolgreich. Er setzte auf Neuzugang Artjoms Rudnevs als zweite Spitze, und die HSV-Leihgabe traf - anders als auf der Gegenseite der Millionen-Neuzugang Kevin de Bruyne - bei seinem Einstand gleich ins Tor (28.). Korkut brachte zudem überraschend von Beginn an Leonardo Bittencourt, und der bisherige Bankdrücker wurde nach dem Wolfsburger Ausgleich durch Ivica Olic (35.) mit zwei Toren (50./72.) zum Matchwinner.
Die personellen Änderungen passten. Der in Ostfildern aufgewachsene Coach versetzte die bisherigen Stammspieler Leon Andreasen und Edgar Prib auf die Bank sowie Salif Sane auf die Tribüne. Mit dem neuen 4-4-2-System stand die bisher so wackelige 96-Defensive sicher und erlaubte den teuren VfL-Angreifern kaum Chancen. Und die Offensive erwies sich gegen die spielerisch und optisch überlegenen Wolfsburger konterstark und bei wenig Ballbesitz äußerst effektiv - so wie zu besten Slomka-Zeiten.
Der vor wenigen Wochen entlassene Coach sah im Stadion zu und freute sich über den Sieg auf der Tribüne. Auch das war bei diesem Niedersachsen-Derby ungewöhnlich. Korkut fand auch dafür eine passende Antwort, sammelte neben seinen ersten Bundesliga-Zählern auch noch Sympathie-Punkte. „Toll, dass er da war“, sagte der Slomka-Nachfolger: „Das zeigt, sein Herz schlägt für 96.“ In der kommenden Woche will er mit seinem Vorgänger essen gehen. Das könnte terminlich eng werden, denn auch Martin Kind hatte angekündigt, Slomka zum Essen einladen zu wollen.
Der 96-Boss durfte nach dem Sieg für sich in Anspruch nehmen, dass seine „mutige Entscheidung“ für den Novizen Korkut die Richtige war. Kind glaubt, „dass die Blockade zumindest teilweise gelöst wurde“. Auf die Frage, wie groß der Anteil des neuen Trainers sei, antwortete Kind indirekt: „Die Mannschaft ist unheimlich motiviert und diszipliniert.“ Das sah tatsächlich anders aus als bei den letzten Auftritten mit Slomka auf der Bank. Ob es nur Anfängerglück war, wird sich schon in einer Woche gegen Mönchengladbach zeigen.
„Das war mehr, als ich erwartet habe“, kommentierte Kind die gelungene Wende nach der Trainer-Verpflichtung: „Das war unheimlich wichtig.“ Die Spieler sahen das ähnlich. Der zweifache Torschütze Bittencourt fasste die Gemütslage treffend zusammen: „Das war eine große Erleichterung, das sieht man an den Gesichtern.“