Fußball-Bundesliga Lehre aus der Vergangenheit: Was wird aus St. Paulis Hymne?
Hamburg · Vor den Spielen erklingt am Millerntor „Das Herz von St. Pauli“. Der Schreiber des Textes war Kriegsberichterstatter und Kampfpilot im Zweiten Weltkrieg. Jetzt ist eine Diskussion entbrannt.
Fußball-Bundesligist FC St. Pauli will am Freitag über den weiteren Umgang mit seiner Stadionhymne „Das Herz von St. Pauli“ informieren. Um das Lied war zuletzt eine Diskussion entbrannt. Der Grund ist die Vergangenheit des Texters Josef Ollig im Zweiten Weltkrieg und während der Herrschaft der Nationalsozialisten. Ollig soll Kampfpilot und Kriegsberichterstatter für die NS-Propaganda gewesen sein.
Das Lied „Das Herz von St. Pauli“ wurde von Hans Albers in dem 1957 erschienenen gleichnamigen Film gesungen. Mitarbeiter des FC St. Pauli-Museums, die sich schon zuvor eingehend mit der Biografie von Hans Albers auseinandergesetzt hattet, taten dies nun auch mit Ollig und dem Komponisten Michael Jary.
Olligs Berichte erschienen „in verschiedenen NS-Propagandamedien, darunter das Hamburger Fremdenblatt“, hieß es in einer Club-Mitteilung: „1944 wurde Ollig von seinen Vorgesetzten im Oberkommando der Wehrmacht für seine Arbeit gelobt und erhielt weitere hohe militärische Auszeichnungen. In den letzten Kriegswochen war er mittlerweile zum Leutnant befördert und an der Westfront stationiert. Dort flog er noch persönlich die letzten Stuka-Angriffe.“
„Differenzierte Diskussion“ innerhalb des Vereins
Der FC St. Pauli wolle sich kritisch mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen und dementsprechend auch die Geschichte der Entstehung des Liedes „Das Herz von St. Pauli“ prüfen und diskutieren. „Wir erleben eine überwiegend differenzierte Diskussion über den Umgang mit dem Lied auf Basis einer fundierten Recherche. Wir merken, wie wichtig vielen Fans das Lied ist, aber auch, wie verantwortungsvoll sie mit der Situation umgehen“, wurde der Club im „Hamburger Abendblatt“ zitiert.
Vor den Heimspielen wird das Lied in der rockigen Version der Band „Phantastix & Elf“ gespielt. Nach dem Ende setzen die Fans die Gesänge auch ohne die eingespielte Musik fort. Der Umgang mit der eigenen Geschichte hat beim FC St. Pauli schon in der Vergangenheit für Konsequenzen gesorgt. So wurde das nach dem ehemaligen Vereinspräsidenten benannte Wilhelm-Koch-Stadion 1998 in Millerntor-Stadion umbenannt. Zuvor war bekanntgeworden, dass Wilhelm Koch Mitglied der NSDAP gewesen war.
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