Lernen von den Champions: Luhukay spürt keinen Frust
Berlin (dpa) - Von Frust wollte Jos Luhukay nicht sprechen. Sicher, die Chancenlosigkeit bei der klaren 1:3 (0:2)-Niederlage sei nicht sonderlich erfreulich, bemerkte der Chefcoach von Hertha BSC nach einer einseitigen Partie am 27. Spieltag der Fußball-Bundesliga.
Dennoch konnte der Niederländer dem Spiel gegen den frisch gekürten deutschen Turbo-Meister FC Bayern viel Positives abgewinnen. „Aus einer Partie gegen Bayern München“, betonte Luhukay, „kann meine Mannschaft sehr viel lernen.“ Ein Satz, der die Berliner Darbietung gegen den alten und neuen Champion treffend charakterisiert.
Die Überlegenheit des Champions-League-Siegers, der nun auch der schnellste nationale Meister ist, war vor allem in der ersten Halbzeit erdrückend. „Wir waren chancenlos. Das war ein gutes Training für uns“, fasste Mittelfeldmann Per Skjelbred die Bayern-Vorführung zusammen. Luhukay beschlich gar das Gefühl, die Bayern hätten mit „zwei Spielern mehr auf dem Platz“ gestanden und gab zu, dass er nach den frühen Gegentoren durch Toni Kroos (6. Minute) und Mario Götze (14.) gar ein „Schützenfest“ befürchtet hat. Der Hoffnungsschimmer, nach dem 1:2-Anschlusstreffer von Adrian Ramos (66.) vielleicht doch „an einer Sensation zu schnuppern“, verflüchtigte sich indes genauso schnell, wie er gekommen war.
Luhukay lobte vor allem die Mentalität des deutschen Rekordchampions. „Die Mannschaft ist unglaublich willig, ihre Erfolge von Spiel zu Spiel zu forcieren“, betonte der 50-Jährige, bevor sein Gegenüber zu einer kleinen Meisterrede ansetzte. Jeden Tag, in jeder Trainingseinheit und in jedem Spiel seien seine Spieler „voll fokussiert“, erklärte Pep Guardiola. Luhukay schaute währenddessen mit leicht verklärtem Blick ins Auditorium. Fast wirkte es, als fühle er sich von höchster Stelle bestätigt. Schließlich hatte der Hertha-Coach in den vergangenen Wochen mehrfach eine höhere Einsatzbereitschaft von seinen Schützlingen eingefordert.
Luhukay bot vor 76 197 Zuschauer im Olympiastadion in John Anthony Brooks, Nico Schulz und dem Startelf-Debütanten Hany Mukhtar drei Eigengewächse auf. Gegen die übermächtigen Münchener wirkten sie mehr (Mukhtar) oder weniger (Schulz) überfordert, was ihr Trainer aber billigend in Kauf nahm. „Das ist hart, aber auch eine gute Lehrstunde“, war sich Luhukay sicher. „Die jungen Spieler müssen diese Erfahrung mitnehmen, um in der Bundesliga Fuß zu fassen.“
Ob die Herthaner dieses Ziel in die Tat umsetzten können, werden die kommenden Wochen zeigen. Schon am Freitagabend wartet beim FC Schalke 04 die nächste große Herausforderung auf den Bundesliga-Aufsteiger. „Wir haben aktuell ein schweres Programm“, sagt Geschäftsführer Michael Preetz. Damit, dass Hertha beim Tabellendritten punktet, rechnen wohl die wenigsten im Verein.
Die Berliner müssen aufpassen, dass ihnen die bisher so positive Saison nicht aus den Händen gleitet. Dank der erfolgreichen Hinrunde gilt der Klassenerhalt längst als gesichert. Seither aber wirkt es ein wenig so, als fehle es beim Tabellenneunten (36 Punkte) an der letzten Motivation. Derartige Sättigungserscheinungen waren beim FC Bayern zu keiner Sekunde zu spüren. Vielleicht kam der eindrucksvolle Anschauungsunterricht für Hertha gerade zur rechten Zeit.