Mächtige Bundesliga-Manager: Erstmal fliegt der Trainer
Frankfurt/Main (dpa) - Mit Michael Preetz von Hertha BSC und Ernst Tanner von 1899 Hoffenheim stehen dieser Tage wieder einmal zwei Manager der Fußball-Bundesliga in der Kritik.
Die Branche der oft allmächtigen Macher, die Trainer ebenso flott anheuern wie feuern und sich offenbar ohne Konsequenzen Fehleinkäufe auf dem Spielermarkt leisten können, umgibt mitunter eine Aura des Unseriösen. Nieten in Nadel- und Adidas-Streifen? Die Leidtragenden sind jedenfalls die Trainer. „Inzwischen sind wir es ja gewohnt, dass wir in einer Saison mehrmals gegen den selben Trainer mit verschiedenen Vereinen oder gegen verschiedene Vereine aber dem selben Trainer spielen“, beklagte sich dieser Tage der Mainzer Coach Thomas Tuchel.
Nach Angaben des Sportmagazins „Kicker“ hat die Verweildauer der Trainer massiv abgenommen. Vor zehn Jahren waren die Fußball-Lehrer vom Saisonstart aus gesehen im Schnitt 1156 Tage - also über drei Jahre - im Amt. In der Spielzeit 2011/12 waren es nur noch 548 Tage. „So viele Trainerwechsel schaden der Außendarstellung der Bundesliga“, sagte Tuchel. „Die großen europäischen Clubs zeichnen sich mehrheitlich durch Kontinuität auf dem Trainerposten aus.“
In der deutschen Eliteklasse ist ein Dauerduo wie Klaus Allofs und Thomas Schaaf jedoch die absolute Ausnahme. Seit 1999 ist Allofs Geschäftsführer und hat noch nie einen anderen Trainer erlebt als Schaaf. Manch andere Manager handeln dagegen hektisch wie vor der Spielkonsole, kein Wunder: Bundesliga-Manager-Spiele gibt es viele im Internet. Ein geschützter Beruf ist es jedenfalls nicht: Unter den Verantwortlichen im Oberhaus finden sich vor allem Ex-Profis.
Manche haben ein Sportmanagementstudium (wie Gladbachs Max Eberl), manche eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann (wie Stuttgarts Fredi Bobic), manche waren mal Bankkaufmann (wie der Mainzer Christian Heidel) und andere haben es mit dem Motto „Learning by doing“ bis an die Spitze des Millionengeschäfts geschafft. Nicht jeder zeigt dabei allerdings die Qualitäten eines Uli Hoeneß. „Mit einer Managerausbildung wäre dem Fußball der eine oder andere Skandal erspart geblieben“, meinte Star-Anwalt Christoph Schickhardt.
Bei 1899 Hoffenheim hat vor allem der Mäzen das Sagen, manchmal auch der Manager. Milliardär Dietmar Hopp zog öffentlich Holger Stanislawskis taktische Fähigkeiten in Zweifel und wenige Tage später war der Coach gefeuert. Manager Ernst Tanner hatte den Auftrag bekommen, einen Nachfolger zu suchen, da saß „Stani“ noch auf der Bank. Nach der Pleite mit Marco Pezzaiuoli als Nachfolger von Ralf Rangnick nun die nächste Entlassung. Nach vier Trainern in gut 13 Monaten wackelt Tanners Bürostuhl heftig.
„Wir möchten gerne kontinuierlich arbeiten, aber das haben wir bisher nicht hinbekommen“, sagte Michael Preetz. Der Geschäftsführer von Hertha BSC hat schon vier Trainer zerschlissen - darunter nach einer schmutzigen Scheidung Markus Babbel - und Michael Skibbe in Rekordzeit entlassen. Seinem zweiten Bundesliga-Abstieg mit den Berlinern ist er näher als zuvor. Laut Präsident Werner Gegenbauer steht der Rekord-Torschütze des Clubs aber „nicht zur Debatte“ und Preetz selbst möchte auch nicht hinschmeißen.
Dirk Dufner sprach noch kurz vor Weihnachten Coach Marcus Sorg das Vertrauen aus, kurz nach den Feiertagen musste Sorg als erster Trainer in der Bundesliga-Geschichte des SC Freiburg vorzeitig gehen. Ebenso wie Kapitän Heiko Butscher. Der umstrittene Sportdirektor ist noch da und genießt das Vertrauen von Präsident Fritz Keller.
So schnell wie ein Trainer fliegt jedenfalls kein Manager, obwohl diese beim Zusammenstellen der Mannschaft meist den größeren Anteil haben. Dass man dabei schon mal aneinandergeraten kann, haben Freiburgs einstiger Rekordtrainer und Kölns heutiger Sportchef Volker Finke und sein Coach Stale Solbakken gezeigt. Finke hat auch nicht das beste Verhältnis zu Lukas Podolski und von seiner Amtszeit wird man irgendwann vor allem in Erinnerung behalten, ob er den Nationalstürmer hat halten können oder nicht.
Zu den Bodenständigen der Branche gehören Augsburgs Andreas Rettig und Nürnbergs Martin Bader, die auch in schwierigen Zeiten mal am Trainer festhalten. Bei Borussia Dortmund sind die Verträge des Erfolgsduos Michael Zorc und Jürgen Klopp bis 2016 verlängert worden. In den jetzt glorreichen Zeiten hat Zorc seinen Coach kürzlich daran erinnert: „Wir haben 2009 deinen Vertrag verlängert, nachdem du gerade achtmal in Folge nicht gewonnen hattest, weil wir wussten, dass du der Richtige bist.“
Borussia Dortmund: Michael Zorc (Sportdirektor seit 1998) Trainer in seiner Amtszeit (8): Michael Skibbe, Bernd Krauss, Udo Lattek/Matthias Sammer, Mathias Sammer, Bert van Marwijk, Jürgen Röber, Thomas Doll, Jürgen Klopp
FC Bayern München: Christian Nerlinger (Sportdirektor seit Juli 2009) Trainer in seiner Amtszeit (2): Louis van Gaal, Jupp Heynckes
Borussia Mönchengladbach: Max Eberl (Sportdirektor seit Oktober 2008) Trainer in seiner Amtszeit (3): Hans Meyer, Michael Frontzeck, Lucien Favre
FC Schalke 04: Horst Heldt (zunächst Sportdirektor/seit Juli 2010/danach Vorstandsmitglied) Trainer in seiner Amtszeit (3): Felix Magath, Ralf Rangnick, Huub Stevens
Werder Bremen: Klaus Allofs (Geschäftsführer seit Oktober 1999) Trainer in seiner Amtszeit (1): Thomas Schaaf
Bayer Leverkusen: Rudi Völler (Sportdirektor von 1996 bis 2000 und seit Januar 2005) Trainer in seiner ersten Amtszeit (2): Christoph Daum, Rudi Völler (Interimstrainer) Trainer in seiner zweiten Amtszeit (6): Klaus Augenthaler, Rudi Völler (Interimstrainer), Michael Skibbe, Bruno Labbadia, Jupp Heynckes, Robin Dutt
Hannover 96: Jörg Schmadtke (Geschäftsführer seit Juli 2009) Trainer in seiner Amtszeit (3): Dieter Hecking, Andreas Bergmann, Mirko Slomka
VfL Wolfsburg: Felix Magath (Geschäftsführer seit März 2011) Trainer in seiner Amtszeit (1): Felix Magath
VfB Stuttgart: Fredi Bobic (Sportdirektor seit Juli 2010) Trainer in seiner Amtszeit (3): Christian Gross, Jens Keller, Bruno Labbadia
Hamburger SV: Frank Arnesen (Sportdirektor seit Juni 2011 Trainer in seiner Amtszeit (2): Michael Oenning, Thorsten Fink
1899 Hoffenheim: Ernst Tanner (Manager seit Mai 2010) Trainer in seiner Amtszeit (4): Ralf Rangnick, Marco Pezzaiuoli, Holger Stanislawski, Markus Babbel
1. FC Köln: Volker Finke (anfangs Sportdirektor/später Geschäftsführer Sport/seit Februar 2011) Trainer in seiner Amtszeit (3): Frank Schaefer, Volker Finke (Interimstrainer), Stale Solbakken
FSV Mainz 05: Christian Heidel (Manager seit Juli 2006) Trainer in seiner Amtszeit (3): Jürgen Klopp, Jörn Andersen, Thomas Tuchel
1. FC Nürnberg: Martin Bader (Sportdirektor seit Januar 2004) Trainer in seiner Amtszeit (5): Wolfgang Wolf, Hans Meyer, Thomas von Heesen, Michael Oenning, Dieter Hecking
Hertha BSC: Michael Preetz (Geschäftsführer Sport seit Juni 2009) Trainer in seiner Amtszeit (6): Lucien Favre, Friedhelm Funkel, Markus Babbel, Rainer Widmayer (Interimstrainer), Michael Skibbe, Rene Tretschok (Interimstrainer)
1. FC Kaiserslautern: Stefan Kuntz (Vorstandsvorsitzender seit April 2008) Trainer in seiner Amtszeit (2): Milan Sasic, Marco Kurz
FC Augsburg: Andreas Rettig (Manager seit Juli 2006, hört am 30.6.2012 auf) Trainer in seiner Amtszeit (4): Rainer Hörgl, Ralf Loose, Holger Fach, Jos Luhukay
SC Freiburg: Dirk Dufner (Sportdirektor seit Mai 2007) Trainer in seiner Amtszeit (3): Robin Dutt, Marcus Sorg, Christian Streich