Poker und Klauseln: Der Transfermarkt und seine Tücken
Frankfurt/Main (dpa) - Die Wechselfrist ist für einen Fußball-Manager ohnehin die anstrengendste Zeit des Jahres. Aber Fälle wie Vaclav Kadlec, Leon Goretzka oder Henrich Mchitarjan zeigen: In diesem Sommer kostet der Transfermarkt mitunter besonders viel Nerven.
Bruno Hübner kommt sich vor „wie im Hamsterrad“. Der Sportdirektor von Eintracht Frankfurt versucht seit Wochen, den Tschechen Vaclav Kadlec oder wenigstens einen anderen treffsicheren Stürmer zu verpflichten. Dafür fliegt er durch halb Europa, telefoniert oft stundenlang am Tag und erzählte der „Bild“-Zeitung: „Du wachst morgens mit denselben Gedanken auf, mit denen du am Abend zuvor eingeschlafen bist. Egal, wo ich meinen Koffer auf's Gepäckband lege, sprechen mich die Leute an: Na, Herr Hübner, wo fliegen Sie hin? Wen holen Sie?“
Der aktuelle Stand ist: Kadlec hat seinen Vertrag mit Sparta Prag verlängert, aber Hübner die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, seinen Wunschspieler nach Frankfurt holen zu können. Und das wiederum zeigt: Die Transferphase ist für einen Fußball-Manager die stressigste Zeit des Jahres - aber in diesem Sommer scheint die noch bis 31. August laufende Frist besonders viel Energie und Nerven zu kosten. So ging der Wechsel des Ausnahmetalents Leon Goretzka vom VfL Bochum zu Schalke 04 erst über die Bühne, als der 18-Jährige seinen Heimatclub vor das Arbeitsgericht ziehen wollte. Beide Seiten stritten über die Gültigkeit und Auslegung einer Ausstiegsklausel.
Bei Borussia Dortmund erzählt man sich die Geschichte, dass der Brasilianer Bernard von einem Tag auf den anderen plötzlich 20 statt der zunächst geforderten 10 Millionen Euro kosten sollte. Und besonders kompliziert wird es, wenn ein Spieler wie der anstelle von Bernard verpflichtete Henrich Mchitarjan nicht bloß einem Verein (in diesem Fall Schachtjor Donezk) gehört, sondern zusätzlich noch einer Agentur oder einem Kreis privater Investoren. Aus diesem Grund musste Hübner auch mit insgesamt fünf Rechtsanwälten und Beratern verhandeln, als er den Spanier Joselu aus Hoffenheim zur Eintracht holte.
Angesichts solcher Auswüchse ist es kein Wunder, dass sich der mit diesem Geschäft schon seit Jahrzehnten vertraute Frankfurter Vorstandschef Heribert Bruchhagen jene Zeiten zurückwünscht, in denen noch nicht jedes Transfergerücht sofort im Internet stand oder eine Meute von Spielerberatern die Preise in die Höhe trieb. „Wir sind absolut transparent und gläsern geworden“, klagt der 64-Jährige. Früher seien Spielerwechsel völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit eingefädelt worden. „Ob die immer gut waren, weiß ich nicht. Auf jeden Fall waren sie billiger“, meinte Bruchhagen.
Manche Vereine haben sich allerdings selbst in eine schwierige Lage manövriert. Der Hamburger SV zum Beispiel muss erst teure Profis loswerden, ehe er sich den von Trainer Thorsten Fink gewünschten neuen Stürmer leisten kann. Für die mittlerweile aussortierten Gojko Kacar, Michael Mancienne oder Slobodan Rajkovic hatte den HSV in den vergangenen Jahren zehn Millionen Euro ausgegeben. „Profi-Fußball ist brutal“, sagte Kacar der „Sport Bild“. „Ein Profi ist austauschbar wie eine Ware.“
1899 Hoffenheim hat das in den vergangenen Monaten besonders vorgelebt. Auf der Gehaltsliste standen zeitweise mehr als 40 Spieler. Bis zu 18 von ihnen sollen oder sind schon weg, von denen wiederum zwölf - darunter Ex-Nationaltorwart Tim Wiese - erst innerhalb des vergangenen Jahres verpflichtet wurden. Rund um Hoffenheim kursiert deshalb seit Wochen ein fragwürdiger Witz: Danach muss die TSG in diesem Sommer mehr Geld für Abfindungen als für Ablösesummen zahlen.