Schiedsrichter arbeiten Fehler auf: „Kritik lauter“
Frankfurt/Main (dpa) - Nach mehreren spielentscheidenden Patzern wollen die deutschen Spitzenschiedsrichter nun auf Mallorca die wenig erfreulich verlaufene Bundesliga-Hinrunde aufarbeiten.
„Die Kritik war lauter und nachhaltiger, weil es sich eben um spielentscheidende Fehler handelte. Das ist verständlich, und wir werden die Schiedsrichter durch Impulse und Hinweise dabei unterstützen, Entscheidungen wie zum Beispiel in München oder Köln zu vermeiden“, sagte Lutz Michael Fröhlich, Abteilungsleiter beim Deutschen Fußball-Bund, der Deutschen Presse-Agentur vor dem Abflug ins Trainingslager an diesem Montag.
Auf der Baleareninsel werden Fröhlich und Herbert Fandel als Vorsitzender der Schiedsrichter-Kommission mit den Unparteiischen arbeiten - und bilanzieren. Fandel hatte kürzlich im Fachmagazin „Kicker“ eingeräumt: „Wir Schiedsrichter können mit der Vorrunde insgesamt nicht zufrieden sein. Es hat schwerwiegende Fehler gegeben, die in dieser Häufung normal so nicht passieren.“ Die Gemüter erhitzt haben vor allem diese Fehlentscheidungen:
- Daniel Siebert (Berlin) fiel in der Partie 1. FC Köln - FC Augsburg (0:1) am 5. Dezember gleich auf zwei Schwalben herein: Einmal vor einem Elfmeter für Köln, den Modeste verschoss. Dann vor dem Freistoßtor von Bobadilla, als Kölns Bittencourt gefoult haben soll.
- Knut Kircher (Rottenburg) gab im Spiel FC Bayern - FC Augsburg (2:1) am 12. September kurz vor Schluss einen unberechtigten Elfmeter für die Münchner nach einem vermeintlichen Foul von Feulner - und entschuldigte sich später für den Fehler.
- Manuel Gräfe (Berlin) entschied in der Begegnung VfL Wolfsburg - Bayer Leverkusen (2:1) am 31. Oktober beim 1:0 durch Bendtner fälschlicherweise nicht auf eine vorausgegangene Abseitsposition.
- Das Handtor von Kölns Andreasen beim 1:0 für Hannover 96 am 18. Oktober sorgt bundesweit für Belustigung. Der Unparteiische Bastian Dankert (Rostock) hatte nichts gesehen.
Nach den Fehlentscheidungen mussten sich die Referees so einiges anhören. Die Stimmung, beklagte sich Fandel, sei „deutlich aggressiver und emotionaler geworden“. Die Auseinandersetzungen müssten - bei allem Verständnis für Emotionen - „fachlich und sachlich bleiben“ und dürften nicht respektlos werden, forderte nun Fröhlich. „Oft erfolgt die Kommunikation jedoch über Populismus und Selbstdarstellung.“
Auch laut „Kicker“, der für die Unparteiischen immer Noten vergibt, gab es eine „Häufung schwerwiegender Fehlentscheidungen“, die Noten der 21 Referees hätten sich jedoch verbessert. Der frühere Bundesliga- Schiedsrichter und „Bild am Sonntag“-Kolumnist Thorsten Kinhöfer gab seinen Ex-Kollegen für die Hinrunde die Gesamtnote „drei minus“.
Auf Mallorca stehen laut Fröhlich nun vor allem die Bewertung von Spielvorgängen - mit den Schwerpunkten Zweikämpfe, persönliche Strafen, Handspiel, Abseits und Teamarbeit - an. Außerdem wolle man den Fokus auf die Laufwege der Referees und auf Entscheidungsprozesse richten.
Dass der Fußball den Spielleitern allmählich zu schnell geworden sei, davon will Fröhlich nichts wissen. Die spielentscheidenden Fehler hätten damit nichts zu tun. „Andererseits ist das Spiel in den vergangenen Jahren aber schon schneller geworden, und somit sind auch die Anforderungen an die Schiedsrichter gestiegen. Aber ich denke, dass unsere Unparteiischen diesen Anforderungen insgesamt sehr gut gerecht werden.“
Schiedsrichter Gräfe hatte kürzlich zudem im ZDF-Sportstudio bemängelt, dass die Spielleiter immer noch keine professionellen Bedingungen vorfinden. Fröhlich erklärte dazu: „Auf der Agenda stehen hier zum Beispiel die physiotherapeutische Betreuung bei Spielen in der 2. Bundesliga, der Ausbau des individuellen Coaching und der inhaltlichen Erweiterung der Lehrarbeit um Themen zur Weiterentwicklung des Fußballs.“