Platzsturm, Tränen und Chaos: VfB kurz vor dem Abstieg
Stuttgart (dpa) - Kevin Großkreutz hatte Tränen in den Augen, Jürgen Kramny sprach von einer „brutalen Geschichte“, und die Fans des VfB Stuttgart forderten den Rauswurf des Vorstands.
Nach dem 1:3 gegen den FSV Mainz 05 ist der schwäbische Fußball-Bundesligist im Chaos versunken und dem ersten Abstieg seit 41 Jahren so nah wie nie zuvor.
„Das ist alles sehr, sehr bitter“, sagte Trainer Kramny mit brüchiger Stimme. Und Weltmeister Großkreutz äußerte bei Sky Verständnis für den Platzsturm einiger Hundert Fans und schob die Verantwortung für den Niedergang aufs Team: „Es liegt an jedem Einzelnen von uns.“
Ordner und Sicherheitspersonal waren nach der zehnten Heimniederlage des Tabellenvorletzten in dieser Saison völlig überfordert. Immer mehr Zuschauer strömten auf den Rasen und verharrten über eine Stunde vor dem Spielertunnel.
Während das komplette Team zunächst im Kabinengang verschwunden war, stellten sich Kapitän Christian Gentner und seine Teamkollegen nach einigen Minuten zumindest kurz den giftigen Fans und versuchten sich im Dialog. Die rund Hundert mit neongelben Westen gekleideten Sicherheitskräfte schauten dem chaotischen Treiben zu und griffen nicht ein.
„Ich bin sprachlos. Wir sind verantwortlich dafür“, sagte Großkreutz, der nach rund eineinhalb Monaten Verletzungspause sein Comeback gefeiert hatte. „Die Leute sind enttäuscht“, befand Kramny, der trotz der nahezu aussichtslosen Situation ergänzte: „Es ist noch nichts vorbei. Wir werden bis zum letzten Tropfen alles geben.“
Bei zwei Punkten Rückstand müssen die Stuttgarter am kommenden Samstag in Wolfsburg gewinnen und auf eine Niederlage von Werder Bremen oder eine hohe Niederlage von Eintracht Frankfurt hoffen, um noch den Relegationsrang erreichen zu können.
Dabei war es gegen die Mainzer zunächst gut losgegangen aus VfB-Sicht. Gentner (6. Minute) hatte die Schwaben vor 60 000 Zuschauern früh in Führung gebracht. Doch Yunus Malli (37.), Jhon Cordoba (53.) und Youngster Karim Onisiwo (77.) drehten die Partie und sicherten dem Club damit die Teilnahme am Europapokal.
„Da wird es sicherlich ein kleines Volksfest geben in Mainz am kommenden Wochenende“, sagte FSV-Manager Christian Heidel und ergänzte zum Ex-Mainzer Kramny: „Natürlich tut's mir leid, sollte es jemanden treffen, der lange in Mainz war.“
Angetrieben von einer außergewöhnlichen Stimmung im Stadion startete der VfB furios in die Partie. Fast alle im VfB-Fanblock waren in weiß gekleidet. Und die bedingungslose Unterstützung zahlte sich in Form des Führungstreffers schnell aus.
Doch die 35 Minuten lang schwachen Gäste nutzten ihre erste Gelegenheit. Nach einem starken Solo von Flügelspieler Karim Onisiwo, der den noch nicht fitten Großkreutz problemlos umdribbelte, musste Malli im Zentrum nur noch einschieben. Das Tor sorgte für einen radikalen Bruch im Spiel des geschockten VfB.
Nach gleich zwei starken Paraden von Langerak (39., 45.) und einem Pfostentreffer des starken Onisiwo (45.+1) hatten die Gastgeber großes Glück, dass es mit einem Unentschieden in die Pause ging.
Nach dem Seitenwechsel nahm das Debakel für den VfB dann seinen Lauf. Erneut über Großkreutz' rechte Seite tankte sich Fabian Frei zur Grundlinie durch und flankte den Ball auf Cordoba, der gegen die Laufrichtung von Langerak die Führung köpfte. Das Tor kam dem endgültigen K.o. für Kramnys Team gleich. Mit dem dritten Mainzer Tor durch Onisiwo (77.) war die Stimmung dann endgültig auf dem Tiefpunkt angelangt.
Spieldaten:
Ballbesitz in %: 53,9 - 46,1
Torschüsse: 8 - 19
gew. Zweikämpfe in %: 45,5 - 54,5
Fouls: 11 - 17
Ecken: 6 - 9
Quelle: optasports.com