Streit um Torlinientechnik neu entfacht
Frankfurt/Main (dpa) - Die eigentlich schon beendete Diskussion über die Einführung der Torlinientechnik ist nach dem Pokalfinale wieder hochgekocht. Vor allem die Schiedsrichter sprachen sich am Montag für solche Hilfsmittel aus.
Die Gegner bleiben aber bei ihrer Meinung.
Von Rauball über Rummenigge bis zu den Schiedsrichtern selbst: In der neu entfachten Debatte über die Torlinientechnik hat sich seit dem DFB-Pokalfinale eine breite Front gebildet, die auf eine neue Abstimmung unter den deutschen Proficlubs und damit doch noch auf die Einführung technischer Hilfsmittel hofft.
Allerdings sieht es so aus, als ob auch die Gegner bei ihrem kategorischen „Nein“ bleiben. Und so dürfte der nicht gegebene Treffer beim Pokalfinale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München den Befürwortern zwar neue Argumente, aber damit noch längst keine Mehrheit in dieser heiß diskutierten Frage bescheren.
Der eindringlichste Appell für die Einführung der Torlinientechnik kam am Montag vom deutschen WM-Referee Felix Brych. „Bei den großen Aufregern geht es doch immer um die Frage, Tor oder nicht Tor. Wir würden uns sehr freuen, wenn uns dabei geholfen würde“, sagte er bei einem Medientermin in der DFB-Zentrale. Auch die Deutsche Fußball Liga betonte in Person ihres Geschäftsführers Andreas Rettig: „Wenn es der Wunsch der Clubs ist, steht einer erneuten Abstimmung über die Einführung einer Torlinien-Technologie nichts im Wege. Die DFL selbst war und ist bei diesem Thema bestens vorbereitet.“
Allerdings kann die DFL in dieser Frage weder eine Entscheidung herbeiführen noch von sich aus eine neue Abstimmung ansetzen. Dafür braucht es einen entsprechenden Antrag eines der 36 Proficlubs vor einer Mitgliederversammlung des Ligaverbands. Und beim letzten Votum am 24. März waren die Gegner in der großen Mehrheit.
„Es war doch immer klar, dass es vier bis fünf strittige Situationen pro Saison gibt. Und es war auch klar, dass es jetzt nach dem Pokalfinale eine hitzige Diskussion gibt“, sagte der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, Heribert Bruchhagen. „Aber meine Argumente bleiben die gleichen: Es ist nicht im Sinne des Fußballs, wenn in verschiedenen Ligen verschiedene Spielvoraussetzungen gegeben sind.“
Bruchhagen spielt darauf an, dass in der englischen Premier League die Hochgeschwindigkeitskameras „Hawk Eye“ zum Einsatz kommen, bei der WM in Brasilien erstmals das System „Goalcontrol“ - und in den deutschen Ligen eben überhaupt keine technischen Hilfsmittel. Das Hauptargument gegen eine Einführung ist aus Sicht der Gegner der Faktor Kosten. Rund 200 000 Euro würde es kosten, die „Goalcontrol“- Kameras in einem Stadion zu installieren. Deshalb stimmten am 24. März auch nur neun der 18 Bundesliga-Clubs und drei der 18 Zweitligisten für die Einführung der Torlinientechnik. Und zumindest Vertreter des Hamburger SV und des SC Freiburg betonten am Montag, genau wie Bruchhagen bei ihrer ablehnenden Haltung zu bleiben.
Die Hoffnung der Befürworter ist nun, dass eine derart eindeutige Fehlentscheidung in einem derart bedeutenden Spiel wie dem Pokalfinale einige Club-Vertreter doch noch zum Umdenken bewegt.
„Wir haben genau wie Borussia Dortmund dafür gestimmt. Und wenn da einige dagegen gestimmt haben, sollten die sich das vielleicht nochmal überlegen. Solche Diskussionen braucht man in der Zukunft nicht“, hatte Karl-Heinz Rummenigge bereits am Sonntag gesagt.
Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern schlug vor, „erst einmal in der Bundesliga“ mit der Torlinientechnik anzufangen. „Dann kann man sich in der 2. Liga immer noch überlegen, ob man dem folgen will. Diese Frage sollte nicht an finanziellen Dingen scheitern. Es geht hier um viel Geld, es geht um viel Ehre und Ruhm. Da ist das Geld durchaus gut angelegt.“
Der Vorsitzende der Schiedsrichter-Kommission erklärte, in dieser Debatte „klar bei Herrn Rummenigge“ zu sein. „Natürlich ist es mehr als bedenklich, dass wir in unserem hoch entwickelten Fußball keine Tortechnologie haben. Die Torlinien-Technologie beseitigt solche niveaulosen Diskussionen wie am Samstag“, sagte Herbert Fandel.
Auch Reinhard Rauball, der sowohl Präsident des Ligaverbandes als auch von Borussia Dortmund ist, schloss sich dieser Meinung an. „Wenn Borussia Dortmunds Vorstandschef Joachim Watzke oder ein Vertreter eines anderen Clubs die Torlinientechnik erneut vorschlagen, werde ich das befürworten“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.