Verletzten-Höchststand durch Fußball-Hooligans
Düsseldorf (dpa) - 846 Verletzte bei 612 Spielen: Mit dieser alarmierenden Bilanz der Fußball-Krawalle hat die 1. und 2. Bundesliga in der Saison 2010/2011 einen Negativ-Rekord erlebt.
Dazu ermittelten die Statistiker 6061 freiheitsentziehende Maßnahmen, 983 Stadionverbote und 5818 Strafverfahren. Dies geht aus dem bundesweiten Jahresbericht Fußball der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) hervor, den die Polizeibehörde veröffentlichte.
Bei den Spielen der 1. und 2. Liga wurden 243 Polizeibeamte in Mitleidenschaft gezogen, 259 Randalierer konkret registriert. In der vorausgegangenen Spielzeit lag die Zahl der Verletzten bei 784. Bei der ersten derartigen Erhebung in der Saison 1999/2000 betrug sie noch 209. Unfallopfer sind nicht berücksichtigt. Die Zahl der gewaltbereiten Anhänger der Bundesligavereine wird weiter auf rund 9700 Personen geschätzt.
„Das Gesamtbild hat sich, auch aufgrund des Engagements aller Beteiligten, offensichtlich nicht wesentlich verändert“, teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) in einer Stellungnahme mit. Ligaverband und DFL „werden den eingeschlagenen Weg der Prävention und des Dialogs fortsetzen. Denn jede Verletzung und jedes Strafverfahren ist eines zu viel.“ Der 2010 vorgestellte Zehn-Punkte-Plan mit zahlreichen konkreten Maßnahmen werde daher gemeinsam mit allen Beteiligten weiter „konsequent umgesetzt“.
Rückläufig im Vergleich zur Saison 2009/2010 waren Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen. Die Polizei habe auch weniger Personen festgenommen oder in Gewahrsam nehmen müssen, so die ZIS. Allerdings lägen die Zahlen bei eingeleiteten Strafverfahren um knapp 40 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen zwölf Jahre.
Die Zahl der geleisteten Polizeiarbeitsstunden lag um knapp 30 Prozent über dem Durchschnitt der zurückliegenden zwölf Jahre. Im direkten Vergleich der Spielzeiten 2009/2010 und 2010/2011 ging die Summe laut DFL um 11,2 Prozent zurück, was die Deutsche Fußball Liga „besonders erfreut“ zur Kenntnis nahm.
„Es ist erfreulich, dass die Zahlen in vielen Bereichen zurückgegangen sind. Darauf ruhen wir uns aber nicht aus. Jeder Verletzte ist einer zu viel“, sagte der neue Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Hendrik Große Lefert, der dpa. „Daran müssen wir gemeinsam - auch mit den Fans - arbeiten. Vor allem die großen Gefahren des Umgangs mit Pyrotechnik sind noch immer vielen nicht bewusst, da müssen wir weiter aufklären.“
Die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) betrachtet die Entwicklung bei den Verletztenzahlen durch Krawalle in der vergangenen Saison kritisch. „Die steigende Zahl der Verletzten ist etwas, was auch uns Sorgen bereitet“, sagte KOS-Leiter Michael Gabriel. „Ich gehe davon aus, dass die Ursache im zunehmenden Einsatz von Böllern liegt, die oftmals Knalltraumata auslösen können.“
Erstligist Hannover 96 will mit höheren Ticketpreisen für zündelnde Fans auf den Einsatz von Pyrotechnik in den Stadien reagieren. „Das sind Kosten, die Dritte verursachen. Deshalb gibt es die Überlegung, diese Kosten durch höhere Eintrittspreise aufzufangen“, sagte Vereinschef Martin Kind.
Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ist von DFL, Deutschem Fußball-Bund (DFB) und Europa-Dachverband UEFA verboten, dennoch werden bei vielen Bundesliga- und Europacupspielen bengalische Feuer abgebrannt. Die Vereine müssen Strafen zahlen. Bei Hannover 96 können sie sich laut Kind auf mehr als 50 000 Euro summieren. Viele andere Clubs beklagen ebenfalls hohe Geldbußen und gehen immer häufiger den Weg der Privatklage gegen die Verursacher.