Wetklos Platzverweis bringt Mainz in Fahrt
Mainz (dpa) - Mal Wüterich, mal Sturkopf - ein Typ wie Christian Wetklo ist schwer zu fassen. Beim 2:1 (1:1) gegen Hannover 96 schlüpfte der Torhüter des FSV Mainz in die Rolle des unfreiwilligen Matchwinners.
Der 32-Jährige sah in der 49. Minute für ein Handspiel außerhalb des Strafraums Rot, die personelle Schwächung wurde zum Glücksfall für seine zehn verbliebenen Kollegen. „Vielleicht haben wir das heute so gebraucht. Wir wussten bis dahin nicht genau, wie viel Risiko wir gehen sollten. Plötzlich waren war in der Außenseiterrolle, in der wir total über uns hinausgewachsen sind“, sagte Trainer Thomas Tuchel.
„Eine so unglaublich explosive Stimmung hat unser Stadion mal gebraucht“, jubelte Präsident Harald Strutz nach dem Vorrücken auf einen internationalen Startplatz und dankte dem zweiten Helden Adam Szalai. Der Ungar hatte in der 89. Minute per Kopf zum 2:1 getroffen und eine Durststrecke von 474 torlosen Minuten beendet. „Er hat heute in vielen Situationen den Unterschied gemacht“, lobte selbst der gegnerische Trainer Mirko Slomka den neunfachen Saisontorschützen anerkennend. Zuvor hatte Hannovers Christian Schulz (28.) die Führung durch Nicolai Müller (10.) egalisiert.
Szalai kostete sein Tor aus. Der 24-Jährige legte einen Sprint zur Fantribüne hin, riss sich das Trikot vom Leib und kassierte Gelb. „Vorgenommen hatte ich mir das nicht. Aber plötzlich stand ich ohne Hemd da.“ Nach dem Abpfiff war er wieder bescheiden. „So zu gewinnen erlebt man nicht alle Tage. Wir haben nach der Roten Karte unglaublich konzentriert gespielt“, analysierte der Mainzer Torjäger, der wie Wetklo von den Anhängern gefeiert wurde.
„Wetklo, Wetklo“, skandierten die Fans. Die irreguläre Rettungstat des Keepers bescherte Loris Karius die Premiere in der Bundesliga. „So kann man eine Mannschaft natürlich auch verjüngen“, scherzte Manager Christian Heidel über die Einwechslung des 19-Jährigen für den 13 Jahre älteren Wetklo. „Der erste Ball hat mir dann gleich die nötige Sicherheit gegeben“, freute sich Karius. „Es war genau die richtige Situation für ein Debüt. Er hatte keine Zeit zum Nachdenken“, erklärte Tuchel, der dafür einen anderen 19-Jährigen - Shawn Parker - auswechselte. Nach seinem gelungenen Startelf-Debüt beim 3:1 in Frankfurt bereitete Parker dieses Mal die Führung vor. Seinen strammen Schuss konnte Ron-Robert Zieler nur an den Pfosten lenken. Müller staubte ab.
Mit jetzt 23 Punkten setzt sich Mainz 05 im ersten Tabellendrittel fest. Tuchel will noch mehr und gibt seiner Mannschaft nach der englischen Woche mit zwei Siegen und der unglücklichen Niederlage gegen Meister Dortmund erst einmal frei. „Wir haben eine lange Woche vor uns, spielen erst am Sonntag in Mönchengladbach. Der Akku muss wieder voll werden.“
Hannover hatte ganz andere Probleme. Die Niedersachsen haderten mit der Offensive. „Läuferisch und kämpferisch waren wir auf der Höhe. Aber wer so wenig Torchancen in Überzahl rausspielt, wird auswärts nicht gewinnen“, kritisierte Kapitän Steven Cherundolo. Slomka, der seinen Vertrag nach dem Willen von Präsident Martin Kind noch vor Weihnachten um drei Jahre verlängern soll, war bedient. „Nach dem Platzverweis war das nicht mehr unser Spiel“, sagte der Coach ernüchtert. „Die Mainzer haben das sehr, sehr clever gemacht.“