Wirbel um Franca: 96-Brasilianer in der Warteschleife
Hannover (dpa) - Für die meisten Fans von Hannover 96 ist Franca ein Phantom. Nur die Dauer-Kiebitze beim Training kennen den brasilianischen Wintereinkauf des Bundesligisten. Aber auch ohne Pflichtspiel-Einsatz hat der Mittelfeldspieler bereits viel Wirbel verursacht - ohne Schuld daran zu sein.
Den Beinamen „Schrumpf-Brasilianer“, den die „Bild-Zeitung“ dem Neuzugang verpasste, wird Franca so schnell nicht wieder los. Und die ersten vier Wochen in Deutschland mit Pleiten, Pech und Pannen wird der 21-Jährige so schnell auch nicht vergessen.
Dabei begann alles noch ganz lustig. „Die Kälte muss ich akzeptieren - die niedrigste Temperatur, die ich bisher kannte, waren 18 Grad“, teilte Franca nach seinem ersten Training am 16. Januar den grinsenden Journalisten per Dolmetscher mit. Frost und Schnee kannte der portugiesisch sprechende Südamerikaner aus seiner Heimat nicht. Erst später wurde bekannt, dass der von Manager Jörg Schmadtke für immerhin rund 1,2 Millionen Euro verpflichtete Profi wesentlich kleiner ist als ursprünglich angenommen.
Je nach Lesart sollte Franca zwischen 1,90 Meter oder 1,88 Meter lang sein. Als der wegen der geringen Körpergröße seines neuen Spielers erstaunte Trainer Mirko Slomka („Ich war überrascht“) das Maßband ansetzen ließ, kamen, je nach Lesart, Werte von 1,81 Meter (Slomka) und 1,82 Meter (Schmadtke) heraus. Pikanterweise machte der Trainer die fehlenden Zentimeter öffentlich, was der Manager als „nicht freundlich“ bezeichnete. „Eigentlich sind Jörg Schmadtke und ich die Deppen“, stellte Slomka später im TV-Sender Sport1 fest.
Die Panne warf ein schlechtes Bild auf die viel gelobte Transferpolitik von Manager Schmadtke. Der hatte - im Gegensatz zu seinen sonstigen Gepflogenheiten - Franca nicht vor Ort in Brasilien beobachtet, sondern sich auf Video-Aufzeichnungen und andere Quellen verlassen. „Mir ist die etwas kleinere Größe dann auch aufgefallen. Wir haben ihn trotzdem verpflichtet“, berichtete Schmadtke. Er hat sich inzwischen bei Franca für die Diskussion über dessen Person entschuldigt.
Ziemlich undurchsichtig sind auch die anderen Details des Franca-Transfers. Der Brasilianer hat im Land des fünffachen Weltmeisters für die Clubs Noroeste, Coritiba und Criciuma gespielt, die Ablösesumme soll aber der Verein Mirassol FC kassiert haben. Bei diesem Zweitligisten wurde der Spieler geparkt, wie es in Südamerika nicht unüblich ist. Clubchef Martin Kind bestätigte in der „Bild“ die Mirassol-Version: „Die haben die Transfer-Rechte, das geht aus unseren Unterlagen hervor.“
Sein Können auf dem Platz konnte Franca bisher nur kurz andeuten. Gleich im ersten Testspiel bei Hessen Kassel zog sich der defensive Abräumer eine schmerzhafte Knieverletzung zu. Danach fing er sich eine Bronchitis ein. Als diese abgeklungen war, stellte ihm der Trainer in der Vorwoche vor dem Spiel in Nürnberg erstmals einen Platz im Kader in Aussicht. Doch Franca ist erneut krank geworden. „Er wurde eingehend untersucht und ist im Krankenhaus in Behandlung“, sagte Slomka vor dem Europa-League-Spiel gegen Anschi Machatschkala.
Für diese Partie war Franca ohnehin nicht spielberechtigt. Der Verein hat ihn nicht für den Wettbewerb nachgemeldet. Wann der Brasilianer, der in Hannover von seinem Betreuer Christiano Hansen unterstützt wird, erstmals in der Bundesliga aufläuft, ist ungewiss. Von seinen Landsleuten Elson, Felipe, Kleber, Leandro, Leonardo Manzi und Vinicius schaffte bei Hannover 96 in der Vergangenheit nur Vinicius den Durchbruch. Der Verteidiger brachte es in acht Jahren auf 144 Bundesliga-Partien - für alle Fans sichtbar.