Wolfsburg Letzter - Stimmung dreht sich gegen Magath
Wolfsburg (dpa) - Die morgendliche Trainingsszene des Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga hatte irgendwie Symbolcharakter. Orientierungslos waren die Spieler des VfL Wolfsburg im niedersächsischen Nebel einige Minuten auf sich alleine gestellt.
Gut zehn Minuten stand der binnen eines Jahres in mehreren Etappen für 71 Millionen Euro zusammen gekaufte Kader ohne Trainer Felix Magath auf dem Platz und wusste nicht so recht, was zu tun ist. Als Magath dann kam, gab es eine kurze Anweisung. Kommunikation mit den völlig verunsicherten Spieler blieb am Tag nach dem 0:2 gegen den Freiburg ansonsten weitestgehend aus.
Die Durchhalteparolen, die Magath nach der Einheit verkündete, passten nicht zum realen Umgang mit den Profis. „Wir sind gut beraten, uns auf das nächste Spiel zu konzentrieren und unsere Kräfte zu bündeln“, sagte Magath, der jedoch wenig davon zu halten schien, die Spieler aufzurichten. Stattdessen gab es öffentliche Kritik.
Magath sprach von einem „rabenschwarzen Tag“ Vieirinhas und warf Fünf-Millionen-Neuzugang Naldo erneut einen „katastrophalen Fehler“ vor. Der zuvor schon gegeißelte Naldo hatte mit einem Foul im Strafraum gegen Freiburgs Erik Jendrisek die Pleite eingeleitet. „Wenn etwas schief läuft, ist die Verunsicherung direkt zu spüren“, gab Torhüter und Kapitän Diego Benaglio enttäuscht zu.
Nur woher soll die Sicherheit auch kommen, wenn jeder Fehler öffentlich beim Namen genannt wird und die Mannschaft jede Woche durcheinandergewirbelt wird? In bislang acht Bundesligaspielen bot Magath acht verschiedene Startformationen auf. Die Spieler rotieren allesamt zwischen Spielfeld, Bank und Tribüne. Gegen Freiburg etwa saß Mittelfeldstar Diego, der zuvor keine einzige Sekunde verpasst hatte, 90 Minuten auf der Bank. „Wir haben vergeblich versucht, ein Umfeld für ihn zu schaffen, sich zu entfalten. Da das bislang nicht geklappt hat, haben wir deswegen heute eine andere Strategie versucht“, begründete Magath seine Entscheidung, obwohl ein wenig Kreativität dem kläglichen VfL-Offensivspiel gut getan hätte.
Seltsamerweise erklärte Magath die unzureichende Vorstellung der harmlosesten Bundesliga-Offensive - nur zwei Tore in acht Ligaspielen - mit eben Diegos Fehlen: „Es ist schwierig, ohne Diego in der Offensive zu brillieren.“ Von eigenen Fehlern wollte Magath indes wenig wissen. „Es war nicht die falsche Taktik. Man muss sie nur besser umsetzen. Die Freiburger sind über die Flügel anfälliger als durch das Zentrum. Eine richtige Idee wurde somit nicht gut umgesetzt“, schimpfte er.
Die Fans scheinen ob der fehlenden Linie und den halbjährlichen Großeinkäufen gepaart mit vollmundigen Ankündigungen, unter die besten Teams Europas zu wollen, die Geduld zu verlieren. 41 Monate nach dem sensationellen Meistertitel 2009 hat sich die Stimmung endgültig gegen den einstigen Liebling Magath gedreht. Schon vor dem Spiel war Magath mit Pfiffen empfangen worden. Die „Magath-raus“-Rufe wurde während der Partie immer kräftiger und anschließend skandierte die Fankurve den Namen von Amateurcoach Lorenz-Günther Köstner.
Sorgen bereitet das Magath aber nicht. „Ich verspüre Druck durch die Tabellensituation. Für unsere Ansprüche sind fünf Punkte viel zu wenig. Ich tue alles dafür, aus der Situation heraus zu kommen“, sagte der 59-Jährige am Sonntag ruhig und sachlich. Noch scheint er die Rückendeckung von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn zu haben, auch wenn der am Samstag das Stadion vorzeitig und kommentarlos verlassen hatte. Vor dem Spiel hatte es durch den von VW dominierten Aufsichtsrat noch Rückendeckung für Magath gegeben.
„Da zweifel ich auch nach so einem Tag oder Ergebnis nicht dran“, sagte der ehemalige Meistermacher. Obwohl das VW-Credo „Da, wo VW drauf steht, wollen wir ganz vorne mitspielen“ schon lange nicht mehr gilt, waren auch am Sonntag keine Aufsichtsratsberatungen über Magath angesetzt.