Beflügelte Bayern: „Super Anfang“ ohne „Sammer-Effekt“
München (dpa) - Im Stechschritt marschierte Matthias Sammer an den Reportern vorbei und eilte mit seinem Rollköfferchen aus der Arena.
Der Sportvorstand des FC Bayern München mochte nach dem ersten Mini-Schritt des Champions-League-Siegers zur angestrebten Titelverteidigung im Mai 2014 nichts sagen, dafür wurde nach dem 3:0 (2:0) gegen ZSKA Moskau umso intensiver über den einsamen Mahner gesprochen. Und das Urteil von Bossen und Spielern fiel einstimmig aus - Sammer war Dienstagnacht für niemand der Matchwinner.
„Wir brauchen nicht zu sagen, das war der Sammer-Effekt. Das war der Effekt der Mannschaft“, erklärte Fußball-Nationalspieler Jérome Boateng. Auch Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge gratulierte allein Team und Trainer, während der Vorstandskollege eine weitere öffentliche Rüge für seine „kontraproduktive Phantomdiskussion“ um fehlendes Feuer nach dem 2:0-Sieg im Liga-Alltag gegen Hannover 96 einstecken musste. „Das hatte nichts mit Matthias Sammer zu tun“, urteilte Rummenigge über den perfekten Königsklassenstart.
Mannschaft, Trainer, Bosse - keinem habe Sammers Kritik „gefallen“. Umso mehr gefiel Rummenigge der Fußball-Vortrag gegen die Russen: „Die Mannschaft hat da weitergemacht, wo sie in London gegen Borussia Dortmund aufgehört hat - mit einem klasse Spiel!“
Ganz so mitreißend war die Rückkehr auf die große Bühne Champions League 115 Tage nach dem 2:1-Triumph von Wembley zwar nicht. Aber die Souveränität und Selbstverständlichkeit, mit der David Alaba (4. Minute), Mario Mandzukic (41.) und Arjen Robben (68.) den zehnten Münchner Auftaktsieg nacheinander in der Königsklasse auch in Toren dokumentierten, zeugten von Reife und neuem Erfolgshunger. „Du hörst die Champions-League-Hymne, da kann es wieder losgehen“, sagte Robben mit leuchtenden Augen zur Motivation. Auch Präsident Uli Hoeneß genügte ein Wort als abendliches Resümee: „Wunderbar!“
Sammers gut gemeinter Weckruf nach einem Saisonstart ohne Niederlage hätte es nicht bedurft, zumal die Bosse um die enorme Fallhöhe im Jahr nach dem historischen Triple und angesichts der großen Erwartungen an Trainer Pep Guardiola wissen. „Auf einmal heißt es, was ist denn bei Bayern München los? Sie gewinnen alles, aber es wird öffentlich Kritik geäußert. Warum?“, sagte Rummenigge vor Spielbeginn beim Fernsehsender Sky. Seine Marschroute lautet, den eigenen Spielern lieber „Vertrauen“ zu schenken.
Kopfschütteln hatte der Leistungs-Sammer auch in der Kabine ausgelöst. „Man kann nicht 60 Spiele auf einem Niveau spielen“, bemerkte Kapitän Philipp Lahm. „Man muss auch nicht übertreiben“, meinte auch Robben und empfahl: „Schaut mal nach Europa.“ Mannschaften wie der FC Chelsea oder Real Madrid hätten nach der Länderspielpause in ihren Ligen sogar verloren oder nur unentschieden gespielt: „Wir haben 2:0 gewonnen, da muss man nicht übertreiben.“
Pep Guardiola schaut immer noch etwas erstaunt auf die speziellen bayerischen Verhältnisse. Er äußerte erneut „Stolz“ über das bislang Erreichte. „Wir haben es heute sehr, sehr gut gemacht“, lobte Guardiola, der in seiner Zeit beim FC Barcelona oft mit dem „Länderspiel-Virus“ zu kämpfen hatte.
In einem Gespräch mit Sammer wollen Hoeneß und Rummenigge die öffentlichen Dissonanzen bald aufarbeiten und werden dabei auch die jeweiligen Vorstellungen über das Aufgabenprofil des Sportvorstandes diskutieren. Trainer und Mannschaft können sich derweil den kommenden sportlichen Aufgaben widmen. Eine gute Nachricht war dabei das Kurz-Comeback von Bastian Schweinsteiger, der schon bei den Herausforderungen am Samstag „auf“ Schalke oder in zwei Wochen bei Manchester City wieder intensiver helfen könnte.
„3:0 zu Hause - das ist ein super Anfang“, erklärte Robben zur neuen Champions-League-Mission. Dass die Zuschauer kurz vor Schluss schon wieder Finalgesänge anstimmten, war ihm nicht entgangen: „Ich habe die Fans gehört: 'Finale, Finale.' Aber lasst uns mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben und Schritt für Schritt gehen.“